Garum ist ein Familienspiel für 2 bis 4 Spieler, wobei es genau genommen für vier Spieler ist und die anderen Konstellationen über Hilfsregeln abgehandelt werden. Bei zwei Spielern spielt nämlich jeder Spieler mit zwei Farben und bei drei Spielern wird der Kartensatz des imaginären vierten Spielers jeweils von dem gerade aktiven Startspieler bedient.
Eigentlich finde ich solche Hilfsregeln immer furchtbar, oft genug macht das Spiel dann in den entsprechenden Konstellationen wenig Spaß. Wir haben allerdings Garum schon in allen möglichen Spieleranzahlen gespielt, und erstaunlicherweise macht es mit zwei Spielern fast so viel Spaß wie mit vier. Die ganz große Überraschung war die Version mit drei Spielern - die stellte sich nämlich als die spannendste raus, da es ja wechselt, wer den imaginären Spieler bedienen darf und dies dann taktisch sehr gut genutzt werden kann. Das einzige, was bei drei Spielern ein wenig (allerdings nicht gravierend) problematisch ist, ist, dass die Spieler auf der Troja-Seite des Spielplans nicht bei derselben Anzahl an Runden Startspieler sind und entsprechend der Vorteil des Startspielers hier deutlich wird - hier darf dann eben auch der imaginäre Spieler einmal mehr bedient werden. Da spielt man besser mit der anderen Seite.
Das Material ist von akzeptabler Qualität, wenn auch der Karton für das sehr große Spielbrett recht dünn ist. Für die Plättchen und das übrige Material sehe ich es als weniger problematisch an. Die Holzmeeple sind schön gemacht. Allerdings gibt es von jeder Farbe einen großen und mehrere kleine (die für die Siegpunktwertung unterschiedlich zählen), und der Größenunterschied ist ziemlich gering. Ich habe beim Auspacken und den ersten zwei oder drei Partien Schwierigkeiten gehabt, die Größen sofort zu unterscheiden. Allerdings hat sich das Problem inzwischen weitgehend gelöst, offenbar habe ich mich "eingeguckt".
In der Anleitung stehen die Punktemarker als "Holzwürfel" aufgelistet und abgebildet, tatsächlich sind es kleine quadratische Plättchen, aber auch das ist natürlich wenig gravierend.
Die Regeln sind einfach und schnell erklärt, auch wenn nicht alles sofort aus dem Regelheft ganz eindeutig ist. Aber als halbwegs erfahrener Spieler kann man sich ziemlich einfach zurecht legen, wie es gemeint ist, jedenfalls wenn man sich die Beispiele anguckt.
Es gibt zwei unterschiedliche Seiten des Spielbretts, die sich auf den ersten Blick vor allem durch die Rundenzahl unterscheiden (16 oder 12), was aber auch spielerisch spürbare Konsequenzen hat.
Das Spielprinzip ist einfach: In jedem Zug zieht der Startspieler ein Plättchen, das die Nummer des Beckens anzeigt, das in dieser Runde bespielt wird. Er darf auch zuerst ein Plättchen aus seinen 4 (oder 3 mit der anderen Spielbrettseite) Handplättchen auswählen und dort platzieren. Die Plättchen zeigen die Zutaten für Garum - sowohl die eigenen als auch die der Gegner. In jedem Becken gibt es ein Bonusfeld, aber man muss immer genau abwägen, ob man es nutzt und Extrasiegpunkte kassiert oder lieber darauf verzichtet, um sein Plättchen ggf. besser platzieren zu können. Danach darf man noch seinen Dominus oder einen der Arbeiter in eine Spalte oder Reihe setzen, in deren Schnittpunkt das aktuelle Becken steht. Dies ist die wichtigste taktische Entscheidung, denn diese Meeples geben am Ende Siegpunkte - umso mehr, je mehr eigene Zutaten man in der entsprechenden Reihe oder Spalte hat. Man hat aber nur für wenige Runden welche zur Verfügung, deshalb sollte man sie nicht vorschnell setzen. Andererseits kann man sie nicht mehr setzen, wenn in der entsprechenden Zeile oder Spalte schon alle oder alle Becken bis auf eins befüllt sind. Deshalb darf man auch nicht zu lange warten. Und an dieser Stelle wird es für versierte Spieler richtig interessant.
Zusätzlich enthält die Regel noch zwei Varianten, die das Spiel noch taktischer machen. Man lässt nämlich entweder den jeweiligen Startspieler entscheiden, welches Becken im jeweiligen Zug befüllt werden soll, oder man legt die Plättchen zur Bestimmung der Reihenfolge von Anfang an offen aus, so dass alle Spieler von Beginn an wissen, wann welches Becken an die Reihe kommt. Beides finde ich für geübte Spieler nach den ersten paar Übungsrunden interessanter als die Grundvariante.
Das Spiel bringt außerdem noch vier Plättchen für eine Mini-Erweiterung gleich mit. Die Regeln dazu gibt es nur im Internet. Jeder Spieler hat dadurch einmal in einer Partie eine Sonderoption, mit der er beispielsweise eine schlechte Plättchenauswahl korrigieren kann. Mit der Mini-Erweiterung haben wir bislang allerdings noch nicht gespielt. Ich könnte mir vorstellen, dass auch sie das Spiel noch ein wenig taktischer macht und den Glücksfaktor noch weiter senkt.
So einfach die Spieloptionen sind - taktisch hat das Ganze eine ganze Menge Tiefgang. Ich hatte das selbst noch nach der ersten Partie bezweifelt, aber inzwischen habe ich genug Durchblick, dass das Spiel für mich wieder interessant geworden ist. Natürlich bleibt es auf Familienspielniveau, für eingefleischte Kennerspieler und drüber ist es wahrscheinlich zu einfach. Aber wenn ihr mal gerne einen weniger komplexen Absacker haben wollt oder auch mal mit Gelegenheitsspielern oder (älteren) Kindern spielt, dann ist es gerade richtig - und dabei immer noch taktisch genug.
Unboxing-Video müsste innerhalb der nächsten Stunden hochgeladen sein: https://youtu.be/cLuaQghnQYc