Die Erde ist in Gefahr! Schon wieder! Nach X-COM widmet sich der Heidelberger Spieleverlag zum zweiten Mal in kurzer Zeit spielerisch der Bedrohung der Erde durch Aliens. Und da wir ja alle Erdlinge sind, kämpfen wir, die bis zu fünf Mitspieler, auch gemeinsam gegen die außerirdische Bedrohung. Dazu verpflichten wir uns als Agenten bei einer Geheimorganisation zur Entdeckung und Verhinderung von Alienaktivitäten auf der Erde und werden auf insgesamt 12 taktisch anspruchsvolle Missionen geschickt deren Verläufe über das Schicksal der Erde entscheiden werden.
Die englische Fassung des Spiels wurde bereits 2013 im Rahmen eines Kickstarter-Projekts finanziert und war Anfang 2014 verfügbar. Etwa eineinhalb Jahre später gibt es dieses Spiel nun Dank des Heidelberger Spieleverlages auch in deutscher Sprache.
Die 12 Missionen sind in einem separaten Missionsbuch zusammengefasst, das für jede Mission genau vorgibt, welche Spielplanteile und Marker benötigt und aufgebaut werden müssen, welche Karten in welcher Weise zusammengestellt werden, über welche zusätzlichen Fähigkeiten und Ausrüstungen die Agenten verfügen, natürlich das Missionsziel usw.
Sobald die gewünschte Mission vorbereitet und das Missionsziel klar ist, verläuft das Spiel in Runden, die jeweils in vier Phasen unterteilt sind. Zunächst werden alle einmal pro Runde nutzbaren Fähigkeiten usw. wieder "aufgefrischt", sofern sie die Runde zuvor benutzt wurden. D.h. sie werden normalerweise umgedreht und so als wieder einsatzbereit gekennzeichnet.
Die anschließende Strategiephase ist zwar auch meist recht schnell abgehandelt, allerdings werden hier schon einige taktische und strategische Entscheidungen getroffen. Zum einen und als erstes wird unter den beteiligten Spielern der sog. Alpha Agent gewählt. Das ist derjenige, der in der laufenden Spielrunde nicht nur der Startspieler ist oder über die Art des Nachschubs entscheidet, sondern beispielsweise auch bei Uneinigkeiten im Team letztlich auch die umzusetzende Entscheidung trifft.
In der Strategiephase haben die Agenten unter Umständen auch die Möglichkeit ihre in der vorangegangenen Runde durch das Eliminieren von Aliens gesammelte "Erfahrung" in eine Verbesserung ihrer Fähigkeiten umzusetzen. D.h. wurde in der vergangenen Runde ein Alien eliminiert, würfelt jeder Agent mit drei roten Würfeln um festzustellen, ob sich sein Rang verbessert. Anfangs wird nur ein GD-Symbol benötigt um sich zu verbessern, später sind zwei dieser Symbole erforderlich und für den letzten und höchsten Rang braucht es sogar 3 GD-Symbole. Mit einem verbesserten Rang erhält man weitere Taktiken oder Fähigkeiten, wird also stetig besser und effektiver.
Manchmal trifft in dieser Phase aus dem Hauptquartier auch Nachschub in Form von Waffen und/oder Gegenständen ein. Für jeden ersten eliminierten Alien einer Runde erhält das Einsatzteam ein Teil eines Alienaktefakts, das aus insgesamt vier Fragmenten besteht. Ist dieses Artefakt vollständig - also normalerweise frühestens nach vier Spielrunden, es sei denn eine Mission ermöglicht das zusätzliche Auffinden weiterer Fragmente - kann dieses abgegeben werden um dafür Nachschub zu erhalten. Der Alpha Agent wählt dann einen Gegenstand oder das Team erhält eine zufällige verbesserte Waffe.
Schließlich muss noch geprüft werden, ob das Missionsziel erreicht bzw. die Mission gescheitert ist, bevor die Agenten im Herzstück einer jeden Runde, der Aktionsphase, beginnend mit dem Alpha Agenten reihum an die Reihe kommen um ihre Aktionen auszuführen.
Die Aktionsmöglichkeiten bestehen aus einer Bewegung, einer Kampfaktion und einer weiteren (Spezial-)Aktion, die in beliebiger Reihenfolge je einmal ausgeführt werden können. Die Bewegung erfolgt über Hexfelder entsprechend der auf einem Agententableau angegebenen Zugweite. Sie muss vollständig abgeschlossen sein, bevor die nächste Aktion ausgeführt wird und natürlich sind die Geländegegebenheiten zu beachten, d.h. geschlossenen Türen oder sonstige Hindernisse verhindern die Bewegung und zwingen ggf. zu Umwegen.
Die Spezialaktion wird benötigt um Gegenstände und Fähigkeiten zu nutzen, beispielsweise um Türen zu öffnen, für missionsspezifische Aktionen die in der jeweiligen Missionsbeschreibung zu finden sind usw. Manchmal muss sie auch zusammen mit einer der anderen beiden Aktionen zusammen verwendet werden um sich beispielsweise aus einem Nahkampf mit einem Alien zu lösen, für einen taktischen Rückzug, zum beheben einer Waffenfehlfunktion, die bei Angriffswürfelwürfen durch bestimmte Würfelergebnisse ausgelöst werden usw.
Am wichtigsten ist natürlich die Kampfaktion, bei der die eingesetzte Waffe vorgibt, wie weit ein Gegner höchstens entfernt sein darf, um mit dieser Waffe angegriffen werden zu können. Sichtlinie muss natürlich auch gegeben sein und die gewählte Waffe muss auch mit Munition versehen sein. Die eingesetzte Waffe legt dann auch fest, welche Würfel in welcher Anzahl gewürfelt werden um Treffer zu erzielen. Manche Waffen haben auch besondere Eigenschaften, die mit Blitzsymbolen ausgelöst werden, aber in erster Linie ist man an Treffersymbolen interessiert.
Die Anzahl der Treffersymbole wird um evtl. beim Ziel vorhandene Rüstung reduziert und ergibt dann die Anzahl an Verteidigungswürfeln, die geworfen werden dürfen. Beim Verteidigen sind Schildsymbole wichtig, die Treffer aufheben. Nicht verhinderte Treffer verursachen schließlich Schaden, der letztlich zum Tod einer Spielfigur führt, wenn dieser die Lebenspunkte dieser Spielfigur erreicht und ein weiterer Treffer hingenommen werden muss.
Nach jedem Spielzug eines Agenten kommen die Aliens an die Reihe. Eine Karte vom Stapel der Begegnungskarten gibt vor, welche Aliens aktiviert werden und auf den entsprechenden Alienkarten sieht man dann, was ein Alien in Abhängigkeit von seiner Entfernung zum nächsten Agenten tut (Bewegung und/oder Angriff).
Nach der Aktionsphase tritt in der Ereignisphase ein zufälliges Ereignis ein, dass mitunter geravierenden Einfluss auf die kommende Runde hat. Beispielsweise kann sich das Wetter ändern und dauerhaft (bis das Wetter durch eine andere Karte wieder umschlägt) die Bewegungsreichweite der Agenten einschränken usw. Oft kommen auch neue sog. Signale an den Teleport-Punkten ins Spiel oder bewegen sich über den Spielplan. Dies sind durch die Geheimorganisation unserer Agenten geortete Bewegungen im Gelände, von denen aber nicht genau gesagt werden kann, ob es sich um Aliens handelt.
Erst wenn ein solcher Signalmarker in die Sichtlinie eines Agenten gerät, wird er aufgedeckt und ggf. (in den meisten Fällen) durch ein zufälliges Alien ersetzt.
Nach der Ereignisphase beginnt eine neue Runde, so lange, bis das Missionsziel erreicht oder die Bedingung für das Scheitern der Mission eingetreten ist.
Galaxy Defenders ist ein voll kooperativer Taktikshooter mit SciFi-Thematik, der nicht wie so oft einen Spieler benötigt, der alleine die Gegner der Helden, die Aliens oder Monster, spielt und das ist durchaus begrüßenswert. Nicht dass es nicht reizvoll wäre auch mal die "böse" Seite zu spielen, ganz im Gegenteil, aber sehr oft bleibt diese Rolle dann mehr oder weniger dauerhaft an dieser Person hängen.
Die Ausstattung des Spiels ist opulent, das Spielmaterial, vielleicht mal abgesehen von den recht dünn geratenen Übersichtstafeln, hat beste Qualität. Viel besser könnte es nicht sein. Was den (Wieder-)Spielreiz angeht, der ist trotz der "nur" 12 Mission relativ hoch. Die Anzahl an Waffen oder Taktiken bietet ausreichend Abwechslung und eröffnet immer wieder andere Möglichkeiten, welche die Missionen auch nach mehrmaligem Spielen nicht eintönig werden lassen. Darüber hinaus stehen auf der Webseite von Galaxy Defenders weitere Mission zum Download bereit.
Die auftretenden zufälligen Ereignisse während einer Mission sind zwar immer missionsabhängig, d.h. es treten beim mehrmaligem Spielen einer Mission letztlich immer wieder die gleichen Ereignisse auf, doch die Reihenfolge variiert, was einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Spielverlauf haben kann.
Das Missionsdesign ist gelungen und vor allem die Möglichkeit die Missionen zusammenhängend als Kampagne zu spielen, mit der Möglichkeit die Agenten durch Fähigkeiten und/oder Waffen zu verbessern motiviert natürlich ungemein und man will am Ende einer erfolgreichen Mission am liebsten gleich die nächste starten.
Der Umfang der Spielregel, vor allem in Zusammenhang mit dem Missionsbuch, das ja auch nochmal spezielle Regeln für die einzelnen Missionen beinhaltet, schreckt sicherlich viele ab, wobei das aus meiner Sicht völlig zu Unrecht wäre, denn eigentich sind die Regeln gar nicht so kompliziert und relativ schnell verinnerlicht. Der Spielablauf ist sogar äußerst simpel und die Details sind nach wenigen Runden verinnerlicht.
Noch weiter vereinfachen kann man sich das Leben mit einer App, mit der man den Fortschritt seiner Agenten im Rahmen einer Kampagne festhalten und beim nächsten weiterspielen deutlich einfacher wieder auf das Brett bringen kann.
Optionale Regeln erlauben es den Schwierigkeitsgrad zu definieren. So ist es beispielsweise möglich mit der Option "Friendly Fire" zu spielen, bei der Agenten nicht nur durch Aliens sondern auch durch die Waffen anderer Agenten verletzt werden können. Eine andere Möglichkeit ist es mit der Nahkampfoption die Angriffsmöglichkeiten der Agenten einzuschränken, so dass immer zunächst evtl. vorhandene Gegner mit denen sich ein Agent im Nahkampf befindet, angegriffen werden müssen. Auch kann man das Sichtfeld der Agenten auf die Felder vor ihnen beschränken, so dass sie nicht sehen und damit natürlich auch angreifen können, was sich hinter ihnen befindet usw.
All diese optionalen Regeln machen Spaß, sorgen für neue taktische Herausforderungen und mehr Realismus sobald die "Grundregeln" Routine sind und man evtl. mehr Wert auf diese Dinge legt.
Für diejenigen, die trotz aller möglichen Optionen die 12 Missionen irgendwann ausgereizt haben werden auf der Webseite von Galaxy Defenders weitere Missionen zum herunterladen angeboten. Man kann aber auch der eigenen Kreativität freien Lauf lassen und sich mittels eines Missions-Editors eigene Missionen am Computer erstellen.
Mir hat Galaxy Defenders jedenfalls schon viel Spaß gemacht, aber ich bin Spielen dieser Art auch recht zugeneigt, das sollte man wissen. Nichtsdestotrotz, an Klassiker wie Descent, insbesondere in der zweiten Auflage, oder Imperial Assault kommt Galaxy Defenders nicht heran. Vielleicht ist es ja einfach doch erforderlich, dass einer die Gegenseite spielt, denn Automatismen können einen "echten" Gegenspieler letztlich einfach nicht wirklich ersetzen.
Holger hat Galaxy Defenders (de) klassifiziert.
(ansehen)