"Ganz schöner Hirnverzwirbler". So das Zitat meiner Freundin nach ihrer ersten Partie mit mir, nachdem ich schon einige Solopartien und auch Mehrpersonenpartien gespielt habe. Und sie hat recht: La Granja - Das Würfelspiel hat doch einige knifflige Entscheidungen und man muss schon gehörig aufpassen. Aber der Reihe nach:
Inhaltlich spielen wir, wie beim großen Bruder, dem Brettspiel "La Granja" auf Mallorca und versuchen, unsere kleine Finca so effektiv wie möglich zu Erträgen (Siegpunkten) zu bringen. Da es sich um ein Würfelspiel handelt, sind typischerweise viele Würfel (bis zu neun Stück) und Wertungsblöcke zum Abstreichen seiner Wertungen im Spiel. Aber auch einige Pappplättchen, wie "Helfer" und "Scheunendach-Ziegel" sind dabei, außerdem eine Wertungsleiste für jede Spielfarbe und sogar zwei kleine Spielbretter sind mit von der Partie. Und mit Holzscheiben kann ich auf meiner Wertungsleiste Zwischenstände festhalten.
Etwas mühselig und fummelig fand ich allerdings, die Würfel erst mal mit den zu erwürfelnden Symbolen bekleben zu müssen. Der Kunde als Knecht! Ich warte auf den Tag, an dem ich mir das gesamte Spiel zu Beginn erst einmal zurechtbauen muss. Ikea lässt grüßen!
Genug gemeckert. Zurück zum Spiel. Abwechselnd wird mit einer je nach Mitspielerzahl variierenden Würfelanzahl gewürfelt. Danach nimmt sich jeder Mitspieler reihum je einen Würfel und kennzeichnet seine erwürfelten Erträge auf seiner Ertragsleiste. Danach wertet jeder Spieler sein Ergebnis, indem er das Rundenergebnis seiner Wertungstafel auf den Wertungsblock überträgt und dort die einzelnen Erträge den entsprechenden Kombinationen zuordnet, um möglichst viele Siegpunkte zu ergattern. Das fängt an mit dem Dachdecken der Scheune, wobei jeder Scheunenziegel, den man mit einer gewissen Anzahl Silberlinge erwürfeln kann, gewisse einmalige Vorteile bringt. Oder aber man erwürfelt sich einen Helfer, der es einem z.B. erlaubt, einen Karren mit Agrarprodukten ohne Esel zum Markt zu bringen, oder aber erwürfelte Erträge einmalig pro Runde zu verändern etc. Beim sogenannten "Fernhandel" kann ich drei gleiche Erträge, die ich in EINER Runde erziele, abstreichen und erhalte zwei Pluspunkte und eine Handelsware. Handelswaren kann ich wie Joker für einen beliebigen Ertrag verwenden. Oder aber ich belade einen von drei Handelskarren für den Markt. Hier muss ich eine gewisse Reihenfolge einhalten. Wer als erster einen Handelskarren fertigstellt und bestückt mit einer gewissen Anzahl von Eseln, die man sich ebenfalls erwürfeln muss, zum Markt schickt, erhält die jeweils höher angegebene Punkteprämie. Diejenigen, die erst später diesen Marktkarren gefüllt bekommen, gehen jetzt aber nicht leer aus, sondern müssen sich nur bei Fertigstellung mit entsprechend niedrigeren Punkteprämien zufrieden geben. Außerdem kann ich jetzt auf dem Markttableau mit einer meiner nur begrenzt vorhandenen Holzmarke einen Dauerbonus für das Spielende blockieren. So erhalte ich dann in der Endabrechnung noch Punkte für jeden erworbenen Dachziegel auf der Scheune, oder für jeden erworbenen Helfer, oder für jeden abgeschlossenen Fernhandel usw. Entsprechend sollte ich auch meine weitere Spielstrategie ausrichten.
Jede Menge Entscheidungsmöglichkeiten: Welche Würfel nehme ich pro Runde? Wie setze ich am sinnvollsten und punkteträchtigsten meine Erträge ein? Welche Strategie verfolge ich? Setze ich auf das Füllen von Marktkarren und zwar möglichst schnell, um die jeweils höheren Punkte zu ergattern? Oder setze ich eher auf Fernhandel? Fülle ich lieber meine Lager und Ställe mit Früchten und Tieren? Oder versuche ich möglichst viele Helfer zu engagieren? Oder sollte ich lieber erst einmal das Dach der Scheune decken und mir diese Punkte plus zusätzlicher Boni sichern? Oder tanze ich auf allen Hochzeiten und versuche, eine gute Mischung aus allem zu bekommen? Und die Siestaleiste ist auch nicht zu verachten. Immer, wenn ich einen Hut erwürfele, dann darf ich einen Schritt auf dieser Leiste machen. Bringt erstens Pluspunkte, zweitens schalte ich so weitere Holzplättchen für meine Ertragsleiste frei und drittens kann ich damit auch die Dauer des Spiels beeinflussen. Das sind jede Menge Entscheidungen, die einem abverlangt werden! Das meinte meine Freundin wohl mit der Bezeichnung "Hirnverzwirbler".
Aber es macht Spaß. Es ist eben KEINE langweilige weitere Version von Kniffel, sondern wirklich ein rundum gelungenes Würfelspiel. Klar: Ein wenig abstrakt ist das Spiel schon, und so richtig kommt keine thematische Stimmung auf, wie zum Beispiel beim großen Bruder, dem Brettspiel! Trotzdem ist es spannend, interessant, unterhaltsam, fordernd und keineswegs seicht! Wer Würfelspiele mag, auch mal ein wenig zocken will, trotzdem strategisch klug spielen will und sich gerne herausgefordert fühlt, liegt mit diesem Spiel richtig.
Ich schwanke zwischen starken vier oder schwachen fünf Punkten. Für mich ein viereinhalb-Punkte-Spiel. Da aber meine Vorredner jeweils vier Punkte vergeben haben, gebe ich mal (schwache) fünf Punkte. Es ist natürlich kein Überflieger, aber ein gutes, solides Würfelspiel! Und: SOLO sehr gut spielbar!
Matthias hat La Granja - Das Würfelspiel - ¡No Siesta! klassifiziert.
(ansehen)