Als das Spiel bei mir ankam war ich erst einmal verwundert. Die Packung war um einiges kleiner als Vermutet. Seit dem bin ich um drei Erfahrungen reicher.
1.) Auch klein Verpackte Spiele, können sehr Komplex sein.
2.) Auch klein Verpackte Spiele, bieten sehr viel Spaß (Ok diese Erkenntniss ist nicht unbedingt neu).
3.) Auch klein Verpackte Spiele, können unverschämt viel Platz auf dem Spieltisch einnehmen.
Rock'n'Rodeo ist im Grunde ein Kartenspiel, welches aber in der Liga der ganz Großen mitspielt. Dabei meine ich Inhalt und Komplexität. Es ist zu Vergleichen mit im Wandel der Zeiten. Das Heißt: Viel Spielspaß, komplex Verzahnte Mechanismen mit Tiefgang, dafür aber nicht unbedingt was für Wenigspieler oder Familienspieler. Denn so einige Regeln sind nicht auf den ersten Blick verständlich. Gerade wenn es darum geht "Wie viel Fans reisen denn eigentlich an", eine Fan Karte im Spiel z.B. bestimmt nur eine Fangruppe mit ihren Vorlieben, wie viele Fans dieser Gruppe genau anreisen wird durch die Bandkarte bestimmt. Vielspieler werden sich nun Fragen: "Und wo ist jetzt das Problem, ist doch einfach zu verstehen". Ich habe aber Feststellen müssen das jemand der nicht so oft Spielt, mit genau solchen Regeln schnell Probleme bekommt. Ebenso Problematisch ist die Frage: "Wieviel Geld kann denn ein Fan auf dem eigenen Festival ausgeben?" Denn alle Fans der selben Musikgenre werden dafür zusammen gerechnet, aber es bezahlen auch alle Meeple dieser Musikgenre mit dem zusammengerechneten Geld. Also: bei der Anreise bestimmen 2 Karten (die Band und die Fankarte) wieviele Meeples anreisen, beim Bezahlen bestimmen alle Fankarten für alle Meeples der gleichen Farbe wieviel Geld sie Insgesamt ausgeben dürfen. Um das ganze Chaos noch Perfekt zu machen gibt es nun auch einzelne Fankarten die bestimmte Stände (z.B. Fastfood) nicht mögen, diese Karten müssen nun für diese einzelnen Stände bei Berechnung des Gesamtgeldes welches ausgegeben werden darf mit rausgerechnet werden. Spätestens hier steigen sogar ein wenig erfahrenere Spieler aus. Was ich damit jetzt eigentlich sagen wollte: Wer das Spiel mit Spielern spielen will, die nicht so viel Erfahrung mit komplexen Spielen haben, sollte das Spiel selbst in und auswendig kennen und sich auch auf viele Diskusionnen einlassen, warum das gerade jetzt in der Konstellation so geht, oder nicht geht. Es dauert bei den Spielern eine Weile bis die komplexen Verschachtelungen der Fangruppen, Fanmeeple und deren Geld wirklich verstanden ist. Dafür wird man halt mit einen sehr schön verzahnten Managerspiel belohnt.
Aber jetzt zurück zum Spiel. Im Herzen ist das Spiel ein Workerplacer. Dazu kommen noch eine art Management für Fanzufriedenheit. Die Spielrunde untergliedert sich dabei in 3 große Phasen.
1. Festivalvorbereitung:
1.1. Band anwerben: Dazu werden 4 Bands aufgedeckt. Am Anfang des Spiels eher Lokale Bands, je weiter der Spielverlauf dann Fortschreitet auch mal Stars und Weltstars die sehr viel mehr Vorteile bieten. Jeder Spieler darf sich dann eine der Bands anwerben und muss ihre kosten bezahlen (ganz klar das eine lokale Band billiger ist als eine Band im weltklasse Format). Auf den Bands sind ausserdem noch die Anzahl der Fankarten abgebildet die man mit anwerben der Band gleich noch zieht. Das könnten z.B. 2 Punks (rot) und 1 Metaller (schwarz) sein. Diese Karten bestimmen (wie Anfangs angesprochen) die konkrete Art der Fans mit ihren jeweiligen Vorlieben und eigenheiten. Z.B. könnte einer der beiden Punkkarten die "Pennerpunks" sein. Diese werden zwar kein Geld mit auf das Festival bringen, klauen aber einmal Müll (wodurch das eigene Festival dann nicht mehr so verdreckt ist). Zusätzlich ist auf der Bandkarte noch angegeben wieviele Fans (Meeple) wirklich anreisen z.B.: für die erste Punkkarte 1 Meeple, für die zweite Punkkarte 2 Meeple und für die Metaller auch 2 Meeple. Damit reisen also für die im Beispiel benannte Karte 5 Fans aus 3 unterschiedlichen Fangruppierungen an (Wobei wiederum 2 der 3 Fangruppierungen den gleichen Genre Punk angehören). Bei diesen Schritt ist nun auch noch zu beachten das nicht beliebig viele Meeple jedes Genre verfügbar sind. Anfangs sind die eigenen Festivals noch unbekannt und daher stehen gar nicht so viele Fans für den Besuch bereit. Hier kann es also passieren das kein enstprechender Meeple mehr für die Anreise da ist. Die Band anwerben Phase wird reihum 3 mal Gespielt bis jeder Spieler 3 Bands vor sich liegen hat, sowie die entsprechenden Fankarten + Meeple vor sich liegen hat.
1.2. Stände kaufen: Falls man jetzt noch Geld hat, kann man sich für sein Festival weitere Stände kaufen. Auf diesen können dann Später Meeple plaziert werden um Vorteile zu bekommen. Meist ist dies Geld, aber es gibt auch stände die Hygiene erhöhen oder das Chaos senken.
1.3. Line up Festlegen: Hier wird festgelegt in welcher Reihenfolge die Bands auf dem Festival spielen. Damit wird im konkreten bestimmt in welcher Runde der nachfolgenden Phase, welche Fans anreisen. Hier ist Planung schon wichtig. Denn bestimmte Fangruppen habe bestimmte Bedürfnisse die man ggf erst erfüllt wenn andere Fangruppen bereits angereist sind. Hier legt man also den Grundstein für den Erfolg oder Fall des eigenen Festivals. Zusätzlich wird hier bestimmt wieviele "Wixi"-Klos für das eigene Festival angemietet werden sollen. Diese bestimmen die Anfänglichen Hygienebedingungen. Hat man also z.B. viele Fangruppen welche die Hygiene Sinken lassen sind ein paar mehr nicht schlecht, hat man aber ohnehin eher Fangruppen welche der Hygiene nicht schaden (diese Steigern dann aber eher das Chaos und sorgen für mehr Müll) braucht man nicht so viele "Wixi"-Klos
2. Festivalphase:
Hier ist jetzt der Kern des Spiels. Die Folgenden Schritte werden für jede Band, in Reihenfolge des Lineups, reihum von jeden Spieler ausgeführt.
2.1. Fananreise: Als erstes Reisen die Fans der aktuellen Band an. Dazu wählt man aus seinen Fangruppenkarten eine Passende Gruppe aus (diese Fangruppe muss auch auf der Band abgebildet sein), hier ist zu erwähnen das es nicht zwangsweise die Karte sein muss die man beim Anwerben dieser Band gezogen hat, es genügt wenn das Genre stimmt. Diese Karte spielt man nun aus und Platziert auf seinen Campingplatz Marker für diese Fans, die anzahl entspricht dabei der anzahl an Meeples welche auf der Band abgebildet ist. Direkt dannach prüft man die Vorlieben der GERADE ANGEREISTEN Fans. Auf der Karte der Fans sind ggf vorlieben abgebildet, diese zeigen z.B. ob die Fans auf den Parkplatz oder auf den Campingplatz wollen, ob sie neben bestimmten anderen Fangruppen sein wollen oder ob sie nicht neben bestimmte Fangruppen wollen. Sind alle diese Bedingungen erfüllt kommen diese Fans zufrieden an andernfalls sind sei unzufrieden (Hier ist Timing wichtig, denn die Zufriedenheit wird nur bei Ankunft bestimmt, es ist durchaus möglich das später diese Bedingungen nicht mehr erfüllt, der Fan aber zufrieden bleibt, genau solche Dinge gilt es nämlich in der LineUp-Phase zu beachten). Nun werden je nach gerade plazierter Fangruppe die Hygiene oder der Chaoswert des eigenen Festivals angepasst, und auf jede aktuell plazierten Fanmarker ein Meeple der entsprechenden Farbe gestellt. Dabei hat jede Fangruppe ihren eigenen Wert (Hippies und Indie Fans senken die Hygiene, Punks und Metal Fans steigern das Chaos).
Dann fährt man, falls vorhanden mit der nächsten Fangruppe der aktuellen Band fort.
2.2. Ereignisse: Hier kann man einfach eine Ereigniskarte ausspielen um damit ggf gegner negativ zu beeinflussen oder sein eigenes Festival positiv.
2.3. Auftritt der Band: Jetzt kommt der Workerplacement part. Zum Beginn dieser Phase wird die aktuelle Bandkarte umgedreht (auf der Rückseite sind Felder zum Plazieren der Fans) und alle Fans auf dem Zeltplatz verteilt (das sind immer nur die Fans die im Punkt 2.1 angereist sind). Je nach Plazierungsort gibts nun halt verschiedene Vorteile: auf Shops gibts Geld, dabei müssen aber die Finanziellen mittel der Fans beachtet werde wobei die Fans der gleichen Genre ihr Geld zusammen ausgeben können. Auf Wixi-Klos gestellte Fans steigern direkt nochmal die Hygiene, auf der Bandkarte plazierte Fans steigern die Stimmung ...
2.4. Anpassung der Werte: Hier wird nun ausgewertet wie gut oder schlecht es gerade läuft. Für je 2 unzufriedene Fans auf dem Festivalplatz sinkt die Gesamtstimmung, ist der Chaoswert zu hoch steigt die Müllmenge auf dem Platz welche wiederum die Hygiene senken kann, ist die Hygiene zu niedrig werden Fans unzufrieden oder reisen kurzerhand ab.
Die gesamte Festivalphase wird für jeden Spieler für jede Band der Reihe nach durchgespielt.
3. Kassensturz:
Hier wird nun der gesamtverlauf des Festivals beurteilt. Zuerst gibts natürlich Geld, je mehr Fans auf dem Festival waren umso mehr Geld gibts. Abgezogen vom Gesamtgewinn werden aber noch Müllbeseitigungskosten (wer viel Müll produziert hat, wird weniger Geld behalten dürfen) und Mieten für die "Wixi"-Klos (wer mehr angemietet hat, hat auch hier mehr kosten). Dann kommts zur Punkteverteilung. Da gibts dann Punkte für die Anzahl zufriedener Fans, für die meisten Fanst, Zufriedenheit im allgemeinen, wenig Müll... zusätzlich gibts noch einmal Punkte für Persönliche Ziele. Am Anfang des Spiels bekommt nämlich jeder Spieler eine Karte mit dem Festival welches er Managed. Darauf ist der anfängliche Aufbau für seinen Persönliches Festivalplatz erklärt, Startstände und eben auch für welche Fangruppen extrapunkte vergeben werden. Hier gilt es also für die Planung zu beachten welche Fangruppen für einen selbst besonders wichtig sind.
Nach dem Kassensturz gehts in das nächste Jahr. Jeder Spieler behält seine bisher erworbenen Stände, alles andere wird abgegeben und das ganze startet wieder bei Punkt 1 (Bands anwerben). Das ganze wird über drei Jahre gespielt, wer dann die meisten Punkte hat gewinnt.
Zum Material muss ich noch ein paar Worte Verlieren. Die Karten sind recht Wertig. Die Grafiken darauf sind wohl arge Geschmackssache. Ich finde sie haben Kultcharakter. Lustig Illustriert mit fiesen Seitenhieben. Aber nicht jeder mag halt diese Grafik. Zusätzlich enthält das Spiel (was ja ein Wirtschaftsspiel ist) statt Geldscheinen, Pappmarker als Geldscheinersatz. In Zeiten wo selbst ein "Planet Steam" nur noch Marker anstatt Scheine enthält ggf normal, aber ich finde das bei Wirtschaftssspielen schon ein glattes No Go. Grafisch hätte man noch ein paar nette Gimmicks einbauen können. Die Fanmarker die auf dem Zeltplatz plaziert werden, wirken mir zu trist, da hätte man noch ein paar sachen Spendieren können. Aber alles in allen ist diese Kritik schon auf gehobenen Niveau.
Fazit:
Wie bereits angesprochen haben wir hier eher ein großes Spiel, als ein einfaches Kartenspiel. Die Mechanismen sind Komplex verzahnt und fordern eine genaue Planung. Trotzdem gibt es viele Glücksmomente. Wer Pech hat kriegt in einer Festivalsaisong nur wenige Fans die er für seine Persönliche Wertung braucht. Hier kann man unverschuldet recht schnell ins hintertreffen gelangen. Bisher hab ich zu wenig Erfahrung mit dem Spiel ob solches Pech durch können gut wieder aufholbar ist. Prinzipiell ist die Glückskomponente aber eher angenehm da es auch verhindert das gute Spieler zu schnell Fahrt aufnehmen und mit den Punkten davonrasen. Ansonsten kommt der Management aspekt sehr gut rüber. Von Jahr zu Jahr hat man mehr Geld um bessere Bands anmieten zu können, man hat mehr Stände und lockt auch mehr Fans an. Sowas Motiviert ungemein da man direkt mitkriegt wie gut man in der letzten Runde war wenns an die Planung fürs nächste Festival geht. Negativ fällt der enorme Verwaltungsaufwand zwischen den einzelnen Jahren auf. Alle Karten müssen wieder in die entsprechenden Stapel gemischt werden, es müssen die Meeple wieder ihren Gruppen zugeordnet werden, neue Meeple kommen hinzu. Da vergehen schnell mal einige Minuten nur für den nächsten Rundenaufbau. Die Einstiegshürde ist wirklich hoch, die erste Partie sollte man entweder alleine Spielen um die Tücken des Spiels kennen zu lernen. Oder mit leuten die sich echt von nix abschrecken lassen. Wir haben gut 1/3 der ersten Partie damit verbracht immer wieder Regeln nachzuschlagen, und das obwohl ich bereits 3 mal die Regeln durchgelesen habe und dachte ich hätte alles Verstanden. Ab der zweiten Party (oder mit jemanden der sich schon im Spiel auskennt) gehts dann aber erheblich Flotter vorran. Wichtig ist das der ablauf sitzt und man sich auch stur an die Reihenfolge des Rundenablaufs hält, dadurch kann man viele Probleme vermeiden. Belohnt wird man dann mit einem Spiel das sehr viel Tiefgang bietet. Echte Hardcore strategen fühlen sich ggf vom Glücksfaktor abgeschreckt (wenn einfach keine Fangruppe auftaucht die man eigentlich für die persönlichen sonderpunkte braucht ist das schon deprimierend) aber, wie bereits gesagt, kann hier der eindruck täuschen und man kann auch gut dagegen anspielen. Ich mag das Spiel und Spiele es immer wieder gerne.
Eins noch zum Schluss: Das spiel benötigt echt viel Platz. Es ist zwar "nur" ein Kartenspiel, aber schon die Persönliche Auslage der Spieler wird nicht gerade klein werden. Die allgemeine Auslage braucht dann auch noch einiges an Platz. Wir haben schon einen großen Spieletisch der locker ein Arkham Horror + 1 erweiterung aufnimmt. Und der Tisch war voll.
Von mir gibts 4 - 5 Punkte. Subjektiv gibts für mich bessere Spiele. Aber im Genre der Wirtschafts und Managerspiele spielt Rock'n'Rodeo bei den ganz großen mit. Und schon alleine weil das Spiel den mutigen Weg geht mal ein ganz anderes Thema zu behandeln (Festivals) und dabei gar nicht versucht Massentauglich zu sein. Ist mir das die 5 Punkte Wert. Zusätlich muss man noch beachten das der Entwickler enorm viel Aufwand ins Crowdfunding und die Produktion gesteckt hat, und das ohne riesen Verlag im Hintergrund, auch das verdient riesen Respekt und damit ganz klar die 5 Punkte Wertung.
Man muss Managerspiele mögen und man muss komplexe spiele mögen, aber die Leute wo dies zutrifft sollten auf alle Fälle mal einen Blick auf dieses Spiel werfen.
Heiko hat Rock n Rodeo - Der Festivalmanager klassifiziert.
(ansehen)