Erster Eindruck von einer 4-Spieler-Runde:
Trismegistus ist ein Expertenspiel für ein bis vier Spieler. Ich habe zum Einstieg das Youtube-Teaching & Playthrough von Heavy Cardboard angeschaut (auf Englisch) und dann weitererklärt. Zugegeben: Das Spiel ist definitiv ein Expertenspiel. Es gibt viele verschiedene Aktionen, die zur Auswahl stehen, außerdem optionale Aktionen, die man mal ausführt und mal nicht. Und dann gibt es noch die Reaktionen auf die Züge der Gegenspieler, die man sorgfältig von dem unterscheiden muss, was man im eigenen Zug tun kann. Aber mit der Vorbereitung durch das Video von Heavy Cardboard fand ich es tatsächlich zugänglich. Klar muss man immer nochmal nachschlagen, was man gerade machen kann, klar muss man nochmal nachschlagen, wie etwas genau funktioniert. Und wahrscheinlich wird man das etliche Durchgänge lang immer wieder machen, jedenfalls dann, wenn man es nicht exzessiv einen Durchgang nach dem anderen spielt. Aber dafür ist es auch ein Expertenspiel, das weiß man vorher.
Worum geht es? Als einer von mehreren Alchemisten versuchen wir, den Stein der Weisen herzustellen. Dafür müssen wir Materialien gewinnen und veredeln, Artefakte kaufen, Experimente durchführen, Publikationen veröffentlichen. Für bestimmte Erfolge bekommen wir Belohnungen, die uns ggf. in die Lage versetzen, weitere Aktionen anzuschließen. Am Ende gibt es für die verschiedenen Spielelemente Siegpunkte.
Das dominierende mechanische Element des Spiels sind die Würfel, die zu Beginn jeder der drei Spielrunden gewürfelt werden. Die Würfel haben jeweils ein Element und eine Farbe, außerdem ist noch wichtig, wie viele Würfel mit dem jeweiligen Symbol zur Verfügung stehen, und alles hat später, wenn die Spieler Würfel draften, Auswirkungen auf die Aktionsmöglichkeiten, und zwar sowohl für den aktiven Spieler als auch teilweise für die Reaktionen der Mitspieler. Das empfinde ich nicht so sehr als Zufallselement, sondern es setzt eher den taktischen Rahmen für alle Spieler, was in dieser Runde möglich sein wird und was nicht.
Zufallselemente kommen durch die Kartenstapel für Publikationen und Experimente und die Artefaktplättchen ins Spiel, die zufällig nachgezogen/aufgedeckt werden. Aber da ich bisher nicht erkennen kann, dass diese sich wesentlich in ihrer Power unterscheiden, empfinde ich das nicht als gravierend.
Worüber ich mir noch nicht ganz schlüssig bin, ist, wie großen Einfluss die Spielerreihenfolge hat. Spielerreihenfolge wird zwar durch Boni zu Spielbeginn aktiv im Spiel behandelt, aber ob der Ausgleich wirklich gut funktioniert, muss sich noch zeigen. Für den Augenblick scheint es mir, dass zumindest in einer Viererrunde die ersten Spieler einen spürbaren Vorsprung haben, gerade in den ersten Zügen.
Besonders positiv fiel mir auf, dass man auch in einer Viererrunde immer beteiligt ist. Während der Spieler, der am Zug ist, seine Aktionen überlegt, muss man selbst nämlich abwägen, ob man auf Basis des aktiven Würfels des aktiven Spielers anschließend eine Reaktion durchführt. Da Reaktionen aber nicht beliebig oft zur Verfügung stehen, will das gut überlegt sein - und ggf. auch vorgeplant, indem man rechtzeitig die eigenen Reaktionen auffrischt oder sich genügend verschafft. Und natürlich stehen auch für Reaktionen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. So langweilt man sich auch während längerer Züge der Mitspieler nicht.
Gerade zu Anfang lernt man auch aus den Zügen der Mitspieler sehr viel - sei es, weil der andere etwas klasse gemacht hat, sei es, dass er etwas übersehen hat, was ihn vorangebracht hätte. Oder auch, weil der Mitspieler nicht alles bedacht hat, was für eine Aktion nötig ist, und daher die geplante Abfolge nicht vollständig durchziehen kann.
Apropos: Spannend finde ich auch, dass es manchmal möglich ist, mehrere Aktionen lukrativ aneinanderzureihen und quasi Kettenreaktionen auszulösen, die einen wirklich weiterbringen. Das passiert im ersten Spiel mit ziemlicher Sicherheit nicht geplant, sondern eher zufällig, aber es ist cool und es macht Lust darauf, das Spiel so weit taktisch zu durchdringen, dass man diese Sachen wirklich planen kann, auch über mehrere Züge hinweg.
Was mir ebenso unschlüssig ist wie vorherigen Rezensenten, ist die Tatsache, dass die Farben teilweise unlogisch zugeordnet sind. Eine schwarze Karte wird an den gelben Slot angelegt? Warum macht man nicht wahlweise die Karte gelb oder den Slot schwarz, damit es übereinstimmt? Aber das sind für mich kleinere Details, die zwar verhindern, dass das Spiel von mir die Maximalpunktzahl bekommt, aber der Spielfreude nicht gravierende Abbruch tut.
Was die Illustration und die verwendete Symbolik angeht: Ich denke, dass das Spiel zusätzliche Hürden bietet, wenn man die verwendeten alchemistischen/astrologischen Symbole noch nie gesehen hat und/oder keine Ahnung davon hat, was Alchemie war und was damit erreicht werden sollte (und sich auch nicht darüber informieren möchte). Mechanisch funktioniert das Spiel zwar auch ohne all das (wie bei vielen Eurogames), aber die Ästhetik der Ideen und der Gestaltung kommt dann nicht rüber.
Ich finde es beispielsweise sehr schön, dass es für die verschiedenen Materialien nur eine Art von Materialmarker gibt - in der Alchemie können die Materialien eben ineinander verwandelt werden, und das wird hier dadurch umgesetzt, dass man die Marker einfach zu dem entsprechenden Element auf dem Spielertableau verschiebt.
Ebenso habe ich schon Verwirrung darüber gehört, warum Quecksilber hier sowohl eine Essenz als auch eine Materialart ist. Na ja, in der Alchemie ist Quecksilber halt ein besonderes Element. Das finde ich hier schön umgesetzt - und außerdem scheint es mir interessante taktische Optionen im Spiel zu ermöglichen.
Video von Heavy Cardboard (Englisch): https://www.youtube.com/watch?v=yVtyyU0_kBE
Nachgeliefert: Unboxing-Video: https://youtu.be/7GBJcE-AtEs
Ich werde meine Rezension nochmal ergänzen, wenn ich den Solomodus ausprobiert habe, denn darauf bin ich besonders gespannt (da ich weiß, dass ich für so ein komplexes Spiel eher selten Mitspieler haben werde, war die Existenz eines Solomodus' für mich mit ein Entscheidungsgrund für dieses Spiel).
Irene hat Trismegistus - Der Stein der Weisen klassifiziert.
(ansehen)