Das Grundprinzip von „Tiny Towns“ hat mich an die bekannte und von mir geliebte Spiele-App Triple Town erinnert. Die Spieler versuchen, in jeder Runde auf ihrem eigenen kleinen Spielfeld jeweils eine ihrer Ressourcen (Holz, Weizen, Ziegel, Glas und Stein) möglichst optimal und vorausschauend zu platzieren. Sind bei der räumlichen Anordnung der Ressourcen auf dem Spielplan dann bestimmte vorgegebene „Tetris-ähnliche“ Muster erfüllt, so dürfen die Ressourcen vom Spielplan entfernt und gegen ein Gebäude getauscht werden. Diese Gebäude bringen – neben Siegpunkten am Spielende – mitunter auch sehr interessante und hilfreiche Zusatzfunktionen. Im weiteren Verlauf werden die freien Felder und damit die Platzierungsmöglichkeiten naturgemäß immer weniger. Man muss dann schon sehr überlegt puzzeln, um noch das eine oder andere Gebäude unterbringen zu können.
Das Spiel endet, sobald kein Spieler mehr eine Ressource regelkonform platzieren kann (wenn also alle Felder eines jeden Spielplans mit Gebäuden oder Rohstoffen belegt sind). Gewonnen hat der Spieler mit den meisten Siegpunkten. Wer das ist, ergibt sich erst nach der Endwertung und ist vorher oft nicht absehbar, da manche Gebäude z.B. zusätzliche Siegpunkte geben, wenn sie direkt neben bestimmten anderen Gebäuden oder auf bestimmten Feldern (in der Spielplanmitte, am Rand oder in einer Ecke des Spielplans) gebaut worden sind.
Das Spielgefühl ist erfreulicherweise nicht immer gleich, denn es gibt neben der Standardkarte „Landhaus“ 6 weitere Gebäudetypen mit je 4 völlig unterschiedlichen Einzelgebäuden (insgesamt also 25 Gebäude). In der Tischmitte werden immer nur das Landhaus und von jedem Gebäudetyp 1 zufälliges Gebäude ausgelegt, was eine Vielzahl an möglichen Kombinationen bedeutet. Diese 7 offen ausliegenden Karten gelten jetzt quasi als Baupläne für alle Mitspieler in gleicher Weise. Daneben erhält jeder Spieler zu Beginn noch 1 individuelle Denkmalkarte, nämlich 1 Gebäude mit einer Spezialfähigkeit, das nur er alleine bauen kann, was für zusätzliche Abwechslung und ggf. auch unterschiedliche Strategien der Mitspieler sorgt.
Für das Erhalten der Ressourcen gibt es mehrere Spielvarianten. Man kann das über zufällig gezogene Ressourcenkarten machen oder einen kleinen „Hammer“, eine Art Symbol für den aktiven Spieler, der dann die Art der Ressource einer Runde einheitlich für alle Spieler bestimmen darf (danach wechselt der Hammer reihum). Diese Variante gefällt mir persönlich besser, weil dadurch auch ein gewisses Maß an Interaktion zwischen den Spielern erreicht wird.
Das Spielmaterial ist zweckmäßig und durchaus ansprechend. Die Gebäudekarten sind überdurchschnittlich groß und gut lesbar. Die Ressourcen werden durch Farbwürfel dargestellt, bei den Gebäuden hat man sich für stilisierte Miniaturen entschieden. Aufgrund der wenigen, einfachen Regeln und des klar strukturierten Ablaufs (Ressource bestimmen -> Ressource platzieren -> evtl. Gebäude bauen) ist das Spiel schnell erklärt und die Einstiegshürde dementsprechend gering. Obwohl man „nur“ in jeder Runde neu entscheiden muss, an welcher Stelle auf seinem Plan man die jeweilige Ressource platziert, kann einen dies durchaus ins Grübeln bringen. Man muss – je nach Kartenauslage – abwägen, welche Gebäude man unbedingt braucht, welche Kombinationen Sinn machen und wo auf dem Plan diese den bestmöglichen Effekt bringen. Hilfreich ist hierfür auch das Glossar in der knapp gehaltenen, aber durchaus verständlich geschriebenen Anleitung. Dort ist nochmal detailliert anhand von Beispielen erklärt, welche Gebäude und Denkmäler wie viele Siegpunkte genau am Ende ergeben.
Empfehlen würde ich „Tiny Towns“ allen Spielern, die Lust am Puzzeln und Optimieren haben, aber auch mit einem gewissen Glücksfaktor (bei der Auswahl der Ressourcen durch andere Spieler oder über die zufälligen Ressourcenkarten) leben können. Es gilt, immer ein paar Unwägbarkeiten mit einzuplanen, sich auf dem engen Spielplan (es ist immer zu wenig Platz …) möglichst mehrere Optionen offen zu halten und aus der jeweiligen Spielsituation eben einfach das Beste zu machen und sich nach Möglichkeit nichts zu verbauen. Die angegebene Spieldauer von 30 bis 45 Minuten setzt ein wenig Routine voraus. Mit Grüblern oder weniger erfahrenen Spielern am Tisch dauert eine Partie dann schon auch mal etwas darüber hinaus. Die Angabe „ab 8 Jahren“ fand ich persönlich ambitioniert, da man im Spielverlauf oft mehrere Dinge gleichzeitig bedenken und man auch die Siegpunktbedingungen der einzelnen Karten schon genau lesen und verstehen muss. Für Kinder ab ca. 10 Jahren ist das m.E. jedoch gut machbar.
Ich mag diese Art von Spielen und ich finde, die Idee hinter „Tiny Towns“ wurde hier unterhaltsam und auch mit einem gewissen Anspruch an die grauen Zellen recht ansprechend umgesetzt.
Gerhard hat Tiny Towns klassifiziert.
(ansehen)