Sierra West ist ein Kleinod, was m.E. etwas zu unrecht ein Nischendasein führt.
Gewiss kein Überflieger, aber durchaus ein schönes Kennerspiel mit einem tollen Thema, durchaus zufriedenstellendem Material und zumindest interessanter Spielmechanik.
Als Führer eines Wagentrecks bzw. einer Siedlergruppe überwinden wir ein Gebirge um Siedlungsgebiet im Westen zu finden, Früchte zu ernten, Tiere zu erbeuten, Gold zu schürfen, Banditen zu fangen und Abenteuer zu erleben. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um ein reines Arbeitereinsetzspiel mit allerdings interessanter Spielmechanik. Wir bilden mit unserem Spielertableau und unseren Handkarten einen Pfad, auf dem zwei Pioniere (meine "Arbeiter") bestimmte Spielaktionen auslösen. Das kann das Nehmen von Ressourcen sein, aber auch das Voranschreiten meines Wagentrecks auf der Wagenleiste, oder das Ersteigen meines "Grenzgängers" auf einer Kartenpyramide, die das zu überwindende Gebirge darstellt. Bin ich mit meinem Grenzgänger oben angekommen, darf ich mir eine der beiden offenen Gipfelkarten zu meinen Karten nehmen und habe nun mehr Möglichkeiten bei der Bildung der Pfade, auf denen dann wieder meine Pioniere Aktionen freischalten.
Meine Pioniere können aber auch Hütten, die ich im Laufe des Spieles baue, benutzen, um bestimmte Boni freizuschalten. Sie können aber auch eine Fallenaktion besetzen, um Tierplättchen freizuschalten, mit denen ich bei einer Fellaktion wiederum bestimmte Ressourcen erhalte, mit denen ich....usw. Das ist schon alles sehr verzahnt und die Möglichkeiten, die ich habe, sind sehr weitreichend. Und am Ende läuft es darauf hinaus, dass ich möglichst viele Punkte erarbeitet habe. Dabei kommt durchaus viel Atmosphäre ins Spiel, denn das Spielmaterial weiß thematisch durchaus zu gefallen.
Und auch für Abwechslung ist gesorgt. Das Spiel enthält vier Module, mit dem sich das Spiel durchaus anders spielen lässt. Das Modul "Apfelernte" enthält Apfelernte-Sonderkarten, die ich in der Kartenpyramide erst mal freischalten muss. Je nachdem, wie weit mein Wagentreck ist, kann ich je nach Anzahl der bereits freigeschalteten Apfelerntekarten den Apfelvorrat auffüllen. Der Clou ist, dass dieser Vorrat allen zur Verfügung steht. Ich kann also durchaus den von meinem Vorgänger angehäuften Apfelvorrat nehmen und damit meine individuelle Apfelwertung nach vorne treiben, was mir am Ende wieder Siegpunkte bringt. Im Modul "Goldrausch" kann ich mir Loren beschaffen, mit denen ich bestimmte Mengen Gold schürfen kann. Dazu brauche ich Dynamit und manchmal auch eine Laterne, um in dunklen Schächten nach Gold zu suchen.
Wie im Wilden Westen geht es bei einem anderen Modul um die Jagd nach Banditen. Hier benötigt man Colts und Munition, um bestehen zu können.
Also, ein durchaus interessantes Spiel, dass so ein wenig in die Nische gerutscht ist und so ein wenig aus dem Fokus der Kenner- und Expertenspieler geraten ist. Schade, denn das Spiel hat durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient. Schönes Material, stimmungsvolles Thema, interessante Spielmechanik, Abwechslung...ein durchaus gelungenes Kennerspiel. Etwas Wasser ist dann doch im Wein. Die Spielanleitung ist durchaus etwas sperrig. Zwar reichlich bebildert, aber dort, wo man Bildbeispiele gebraucht hätte, sind leider keine. Also die Videos im Internet helfen einem da schon weiter, aber m.E. sollte das Erschließen einer Spielanleitung immer ohne Internethilfe gelingen. Und die Kartenpyramide ist schon etwas fummelig und verrutscht auch schnell, was aber jetzt auch kein Beinbruch ist und dem Spielspaß keinen Abbruch tut. Passt schon.
Trotzdem: Schönes Spiel, schönes Thema, natürlich auch gut solo spielbar mit einem eigenen Solo-Deck. Lohnt sich durchaus, mal einen Blick drauf zu werfen und eine Probepartie zu wagen. Ich gebe dem Spiel durchaus gute und sehr verdiente 5 Punkte!
Matthias hat Sierra West klassifiziert.
(ansehen)