Meuterer ist als ‚Schwesterspiel’ zu „Verräter“ an dieses angelehnt, aber trotzdem sehr eigenständig. Daher bietet es auch denen, die schon „Verräter“ ihr Eigen nennen noch ein anderes Spielgefühl; ein Kauf lohnt sich also auch (oder gerade dann?), wenn man schon „Verräter“ besitzt.
Nun aber zum Spiel:
Die Spielerrunde tritt als Schiffscrew eines Handelschiffes auf und jeder versucht auf den verschiedenen Inseln seine Waren zu verkaufen. Der Kapitän bestimmt die anzusteuernde Insel an der Waren verkauft werden können, aber dabei treten in jeder Runde (ähnlich wie in „Verräter“) Charakterkarten in Aktion, die alles ganz schön durcheinander wirbeln können. So versucht der Meuterer, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen, aber auch die anderen Spieler haben ihre Pläne…
Bei Spielbeginn werden zunächst die Inselkarten zu einem Kreis ausgelegt, der den möglichen Handelsbereich widerspiegelt. Die Inseln zeigen jeweils an, welche Warenart dort gekauft wird, wie viele Punkte der Kapitän für das Ansteuern dieser Insel erhält und eine Punktetabelle für den Warenverkauf. Diese Punktetabelle gibt an, wie viele Siegpunkte der/die Spieler mit den meisten Gebotenen Warenkarten für den Warenverkauf erhält; dabei erhalten die Spieler um so weniger Punkte, je mehr Spieler das ‚höchste’ Gebot abgegeben haben (die übrigen erhalten keine Punkte).
Die Handelskarten (Tuch, Rubine, Salz, Wein und Korn) werden zusammen mit den Konfliktkarten gemischt und verdeckt als Nachziehstapel abgelegt; zu Beginn erhält jeder Spieler von diesem Stapel fünf Karten auf die Hand. Dann wird ein Kapitän bestimmt, der Startspieler ist und später die nächste anzufahrende Insel festlegt.
Im Spielverlauf kann jeweils nur an zwei Inseln gehandelt werden; der zuletzt besuchten und der aktuellen Insel, an der das Schiff angelegt hat. Die Insulaner kaufen allerdings nur von denen, die jeweils am meisten von der gesuchten Ware anbieten.
Eine Runde beginnt immer mit dem Warenangebot; der Kapitän fängt an und alle legen je eine Handkarte reihum offen aus, wobei man aussteigt, sobald man keine Karte mehr legen möchte oder kann. Ein ‚Aussteiger’ wählt geheim eine der verdeckt liegenden Aktionskarten aus und legt die restlichen zurück (Nur der Kapitän kann keine andere Rolle annehmen). Wenn alle Spieler geboten haben, werden die gewählten Aktionskarten aufgedeckt. Sie haben folgende Eigenschaften:
Meuterer: Er zettelt eine Meuterei an und übernimmt (bei Erfolg) die Rolle des Kapitäns
Maat: Er unterstützt den Kapitän in einer Meuterei (ein zusätzlicher Konfliktpunkt) und kann vom Kapitän bis zu drei Siegpunkte angeboten bekommen.
Schiffsjunge: Er unterstützt den Meuterer und bekommt zwei zusätzliche Siegpunkte
Händler: Er bekommt beim Warenkauf auch bei mehreren ‚höchsten’ Geboten den höchsten Verkaufserlös der auf der Karte angegeben ist
Lademeister: Er darf beim Kartennachziehen aus drei zusätzlichen Karten auswählen.
Falls jemand die Meuterer Karte gewählt hat, bekommt jeder der am Konflikt Beteiligten (alle außer Händler und Lademeister) die Chance einmalig mehr Konfliktkarten auszulegen. Es gewinnt die Seite, die insgesamt mehr Konfliktpunkte ausgespielt hat (beim Warenpoker und beim einmaligen Nachlegen).
Nach der evtl. stattgefundenen Meuterei werden die Siegpunkte für den Warenverkauf verteilt, wobei die Spieler reihum (es beginnt wieder der Kapitän) festlegen, an welcher der beiden Inseln sie welche Ihrer ausliegenden Karten verkaufen wollen (wenn sie eine Auswahl haben). Danach fährt je nach Ausgang der Meuterei der alte oder neue Kapitän mit dem Schiff so viele Inseln weiter, wie er Handkarten besitzt.
Die Warenkarten werden nachgezogen, die Aktionskarten werden wieder verdeckt abgelegt und die nächste Runde beginnt. Nach acht oder neun Runden gewinnt derjenige mit den meisten Punkten.
In den Regeln gibt es noch einige Feinheiten, die sich auf den ersten Blick vielleicht etwas kompliziert anhören, aber spätestens nach der ersten Proberunde wird eigentlich alles klar.
Bei Meuterer gefällt mir besonders die Entkopplung von Handel und Konflikt; dadurch trifft es einen nicht so schlimm, wenn man sich mal auf die falsche Seite schlägt und andererseits sind aber auch die Mitspieler in ihrer Rollenwahl schwerer zu durchschauen. Bei der Rollenwahl muss man durch den neuen Verteilungsmechanismus ohnehin immer abwägen zwischen frühem aussteigen aus dem ‚Warenpoker’ (also großer Aktionskartenauswahl aber kaum einer Chance auf Handelsgewinn) oder längerem Mitbieten, was es erlaubt, die Rollen der anderen einzuschätzen. Klasse ist auch, dass der Kapitän zu Beginn einer Runde die Möglichkeit hat, den Maat mit einem Anteil an seinen Siegpunkten zu locken.
Auch im Warenpoker kann mit dem Auslegen von nicht-verkaufbaren Karten einige Verwirrung gestiftet werden. Dabei kann es sich auch anbieten, nicht bei der ersten Anfahrt der Insel mit zu bieten, da man in der Runde danach ja noch einmal dort verkaufen kann. Aber vielleicht denken meine Mitspieler ja genauso …
Man sieht also, dass die taktischen Möglichkeiten sehr vielfältig sind, wobei auch das Bluff-Element recht wichtig ist.
Zusätzlich liegt dem Spiel auch schon eine Mini-Erweiterung, das Piratenschiff, bei, die nochmals für etwas Abwechslung sorgt.
Insgesamt ein absoluter Kauftipp und das nicht nur für Leute, die Verräter noch nicht kennen. Spieler, die gerne alles hundertprozentig durchplanen, werden mit Meuterer allerdings nicht glücklich; durch den Zufall beim Kartennachziehen und die mehr oder weniger unberechenbaren Mitspieler gibt es immer Überraschungen. Für mich macht das aber gerade den Reiz des Spiels aus.
Klein, handlich aber ziemlich komplex!