Jakkolo ist mal ein ganz anderes Spielkonzept als die meisten, die hier rezensiert werden – aber was für eins!
Ich habe das Spiel vor Jahren kennengelernt; zu Zeiten des Wiesbadener Spielemarkts – das muss also so um den Untergang der Titanic herum gewesen sein.
Abends nach der harten Arbeit des Spiele-Verkaufens trafen sich alle Aussteller in der Bar, gossen sich gepflegt eins auf die Lampe und spielten Jakkolo.
Es liegt auf der Hand, dass die höchsten Punktzahlen am frühen Abend erreicht wurden…
Das Spiel ist einfach ganz wundervoll geeignet für nette Nachmitage im Garten mit Freunden und Bekannten, oder als Hors d´oeuvre zum Grillabend.
Worum geht´s?
Jakkolo ist ein langes Holzbrett von zwo Metern Länge und 40 Zentimetern Breite, über das Buchenholzscheiben von hinten nach vorn geballert werden müssen. Seitliche Leisten verhindern, dass die Holzscheiben rechts und links runterfliegen.
30 Zentimeter vor Ende des Brettes ist eine Barriere quer eingebaut, in die vier Tore eingeschnitten sind. Da hinein gilt es die Holzscheiben zu bekommen.
Da die Tore eine Breite von 55 Millimetern haben, die Scheiben einen Durchmesser von 50, kann man sich vorstellen, dass diese Aufgabe also nicht gerade so leicht zu lösen ist, wie etwa mit einem Fahrrad durch ein Scheunentor zu fahren.
Wer an der Reihe ist, stapelt fröhlich seine 30 Scheiben und versucht sie über die Länge des Brettes in eins der Tore zu schnicken. Wie man das macht, ist schnurz. Wer mag, kann die Dinger auch mit dem Zeigefinger schnipsen. Die Zielgenauigkeit ist pyramidal, aber man kann abends im Bett dann auch im Schein seines blauen Fingernagels noch ein paar Seiten lesen. Die Scheiben sind ganz schon wuchtig.
Besser ist es, die Scheiben locker in die Hand zu nehmen und mit einer gekonnten Bewegung nach vorne zu schleudern.
Wenn die Scheibe dann tatsächlich durch eines der Tore flutscht, erscheint auf den Gesicht des Spielers meist ein leicht debiles Grinsen.
Meist aber prallt die Scheibe mit einem widerlichen Klacken von der Barriere ab und rutscht zurück. Jetzt geht es darum, mit der nächsten der verbleibenden Scheiben, den Versuch entweder erneut zu starten, oder die ersten Scheibe Billard-mäßig so anzuschießen, dass sie eben doch noch ins Loch geht.
Wenn das klappt, gibt´s wieder ein dämliches Grinsen, aber nach zehn, fuffzehn Scheiben liegt in der Regel jede Menge hölzerner runder Müll vor der Barriere und es hilft nur brachiale Gewalt, um wenigstens noch irgendwas zu bewegen da vorne.
Trotzdem die verfluchte Motorik eine ziemliche Rolle spielt, ist das Spiel schon ziemlich taktisch: welche Scheibe knalle ich sinnvollerweise wie an, damit ich dann mit der nächsten…..?.
Naja, die Regeln sind so simpel, dass unsere Nachbarskatze sie kapiert (sie hat trotzdem keinen Spaß an Jakkolo….).
Aber warum macht man den Scheiß überhaupt? Könnte man nicht etwas Sinnvolleres mit seiner Zeit anfangen? Sich die Fußnägel polieren oder so?
Jahaaaa… Die Tore haben Punktwerte: die äußeren Tore 1 und 2, die inneren 3 und 4. Es geht natürlich darum, die höchste Punktzahl zu erzielen.
In jedem Tor eine Scheibe zählt aber mitnichten 10 Punkte (=1+2+3+4), sondern 20. Man muss also versuchen, seine 30 Scheiben gleichmäßig auf alle vier Tore zu verteilen. Ein Riesenstapel Scheiben im sagen wir: rechten äußeren Tor, ist weniger ein Anlaß zu überbordender Lebensfreude, sondern regt eher zum Nachdenken über die grundsätzliche Schlechtigkeit der Welt an. Und natürlich, ob man mit seinem eigenen Körper, diesem Wunderwerk göttlicher Schöpfung denn irgendwann mal in der Lage sein wird, zielgerichtete Handlungen erfolgreich durchzuführen. (Das hämische Gegröhle der Mitspieler tut sein Teil dazu….).
Aber: es ist noch nicht alles verloren: wer seine 30 Scheiben verballert hat – mit welchem Erfolg auch immer – bekommt alle, die nicht erfolgreich versenkt wurden, für einen zweiten Durchgang zurück. Und dann noch mal für einen dritten. Erst nach dem dritten Durchgang ist Schicht und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Rein rechnerisch liegt der Punkterekord bei 148 (je 7 Scheiben in den vier Toren =140, und die beiden verbliebenen Scheiben in der 4). Aber der Rekord, an dem ich teilhaben durfte, lag bei 128 oder so.
Meine mir ganz eigene Häme lässt vermuten, dass dieses Ergebnis ganz einfach Glück war. Die meisten Spieler diskutierten zu diesem Zeitpunkt bereits etwas sprachunsicher, ob auch Scheiben gewertet werden dürften, die einem arglosen Trinker in 5 Metern Entfernung an die Rübe gerauscht waren.
Ich für mein Teil bin schon froh, wenn ich über 100 komme. Dann entwickeln sich in meinem Hirn Visionen permanenter Glückseligkeit, der Weltherrschaft und solcher Dinge.
Interaktion gibt es bei Jakkolo natürlich nicht – abgesehen davon, dass man sich aneinander misst. Aber das tut der Sache auch keinen Abbruch. Ich habe noch keinen Menschen getroffen, der von diesem Spiel nicht fasziniert gewesen wäre.
Und außerdem macht es einen irren Spaß seinem Vorgänger, der seine Runde gediegen versiebt hat, bei seinem komplizierten Tanz mit vielen Stelz- und Stampfschritten durch den Garten zu beobachten, während er dezibelgewaltig röhrt: „EINE verdammte Scheibe hätte ich noch gebraucht!!!! Eine Einzige Blöde Scheibe!!!!“
Naja, aber das ist immer so. Eine Scheibe fehlt am Schluss IMMER.
Ich glaube, die ist uns mal runtergefallen und nie wieder aufgefunden worden.
Ich habe Jahre mit mir gehadert, ob ich das Geld für so ein Spiel ausgeben soll. Wahnsinnsteil, aber 100,- Öcken für ein Spiel???
Tja, und dann rief mein Vater irgendwann an und meinte, er hätte noch einen Riesenhaufen Brennholz für mich. Ja, und was fand ich zwischen alten Eichenbalken und ollen Dachlatten? Ein Jakkolo-Brett! Nur die Scheiben fehlten, aber das war ja nun kein Problem, dass sich nicht lösen lies.
Seitdem ist mein Leben reicher, glücklicher und genussvoller geworden. Dochdoch.
Hätte ich die Mäuse mal ausgegeben früher…..
By the Way, das Spiel ist so simpel, dass man es sich auch selbst bauen kann.
Ahaaaaber: der Witz bei der Sache ist die perfekte rutschfreudige und absolut plane Oberfläche des Brettes, und das hinzubekommen ist gar nicht einfach. Wenn man seinen Stundenlohn auch nur mit Zwofuffzich ansetzt, kommt es günstiger, ein Brett zu kaufen.
Auch die Scheiben sollte man nicht selbst machen. Ordentliche Jakkolo-Scheiben sind in der Mitte leicht hohl gedrechselt, so dass die Scheiben nur auf dem Außenrand rutschen.
Also: sieht simpel aus, aber ein gutes Jakkolo-Spiel stellt schon was dar.
Till hat Jakkolo Beginner klassifiziert.
(ansehen)