Oberflächlichkeiten sind in der Spielebranche in den letzten Jahren keine Seltenheit. Immer mehr Spiele mit hervorragender Optik und tollen Spielmaterialien kommen auf den Markt, nicht selten finden sich dutzende von detailreichen Miniaturen in immer größeren und schwereren Spielepackungen. Der dahinter liegende Spielspaß rückt dabei ein ums andere Mal in den Hintergrund.
Ein Spiel, das wunderschöne Optik tatsächlich auch mit Spieltiefe und Spaß verbindet, möchte ich euch heute ans Herz legen: Everdell.
In Everdell übernehmen wir ein Tiervölkchen am Ende des Winters. Das Ziel ist es, zu Beginn des nächsten Winters das schönste Dorf errichtet zu haben. Dieses Dorf besteht aus maximal 15 Gebäuden und Kreaturen. Diese werden durch Karten repräsentiert, die wir auf der Hand haben bzw. die auf der Wiese vor dem großen Baum ausliegen. Natürlich ist nichts umsonst und der Bau eines Gebäudes oder das Ansiedeln eines Tiers kostet Ressourcen. Diese sammeln wir mit unseren tierischen Arbeitern, die wir auf Felder einsetzen, die Ressourcen und/oder Karten bringen.
Die Gebäude und Kreaturen bringen nicht nur Punkte am Ende des Spiels, sondern je nach Kartensymbol direkte Vorteile beim Ausspielen (einmalig oder ggf. mehrfach), bei der Endwertung oder eröffnen neue Einsetzmöglichkeiten für unsere (oder des Gegners) Arbeiter. Die Gebäude locken aber auch Tiere an. Wer eine Farm gebaut hat, kann einen Ehemann oder eine Ehefrau kostenlos in sein Dorf legen.
Ich will nicht auf jedes Regeldetail eingehen, ein paar Möglichkeiten mehr gibt es noch. So kann man z.B. Sonderpunkte erringen, wenn man von einer Kartenart eine bestimmte Menge im Dorf hat oder bei „Special Events“ durch die Kombination zwei Karten weitere Punkte oder Vorteile erhalten, sofern man einen Arbeiter dafür einsetzt.
Interessant gelöst ist der Spielfortschritt. Fängt man das Spiel mit zwei Arbeitern an, kann man nach dem Einsatzen der beiden die Jahreszeit wechseln, womit weitere Arbeiter hinzukommen. Am Ende hat man so im Grunde vier große Runden (=vier Jahreszeiten), die an Spieltiefe zunehmen. Scheinen die zwei Arbeiter anfänglich sehr wenig und bringen bestenfalls drei Karten ins Dorf, steht man im Herbst mit sechs Arbeitern vor der Wahl, welche Ziele man verfolgen möchte. Diese Lernkurve fand ich insbesondere bei den ersten Spielen sehr gut, da es den Spieleinstieg deutlich erleicht.
Ich bin in jeder Hinsicht von Everdell schwer beeindruckt. Es ist optisch wunderschön gestaltet, gleichzeitig aber spielerisch eine sehr gelungene Mischung aus Arbeitereinsetzspiel, Kartenmanagement und Ressourcenverwaltung. Wie bei vielen Spielen dieser Art ist die direkte Interaktion zwischen den Spieler beschränkt auf das Wegnehmen von Feldern und wenigen Karten, die direkten Einfluss auf den Gegner nehmen. Die Optimierung des Dorfes macht einfach Spaß, gleichzeitig gibt es genügend Spielelemente, um auch Vielspieler bei Laune zu halten.
Diesen Text inkl. Bildern findest du auch im Internet unter https://werne-spielt.de/2019/09/everdell/.