Autoren: Rodney Thompson, Peter Lee
Verlag: Wizards of the Coast
Spieler: 2 bis 5 ab 12 Jahren
Dauer: 60 – 90 Min.
SPIELIDEE
Die Spieler verkörpern Lords in der Stadt Waterdeep und vertreten eine mächtige Gruppierung, z. B. die City Guards oder die Knights of the Shield. Die Spieler senden Agenten aus, um Abenteurer anzuwerben (Kleriker, Kämpfer, Schurken oder Zauberer). Mit deren Hilfe erfüllen sie bestimmte Aufgaben (Quests), die Geld und Ruhm (= Siegpunkte) einbringen. Der ruhmreichste Spieler gewinnt das Spiel.
SPIELABLAUF
Zu Beginn zieht jeder Spieler zufällig eine Charakterkarte eines Lords of Waterdeep. Dieser bringt am Spielende Bonuspunkte für bestimmte Arten von erfüllten Quests.
In jeder Runde setzen die Spieler ihre Agenten reihum auf ein freies Aktionsfeld in einem Gebäude der Stadt. Das kann eines der bereits auf dem Spielplan aufgedruckten Standardgebäude sein oder eines, das im Spielverlauf von einem Spieler errichtet wurde. Sobald ein Agent gesetzt wird, wird die Aktion ausgeführt. Dadurch erhält man in der Regel Geld, eine bestimmte Zahl von Abenteurern oder den Startspieler-Stein.
Es gibt aber auch spezielle Standardgebäude:
Bei einem Besuch der „Builder’s Hall“ kann man eines von drei ausliegenden neuen Gebäuden bauen. Dieses wird mit Geld bezahlt und nach dem Bau mit einem Marker der eigenen Farbe gekennzeichnet. Bei jedem Rundenbeginn wird auf jedes der zum Kauf stehenden Gebäude ein Siegpunktmarker gelegt. Die Marker sammeln sich an, so dass auch ein Ladenhüter im Lauf des Spiels interessant werden kann. Dieser Mechanismus erinnert an Puerto Rico, wo auf jede nicht gewählte Rollenkarte eine Geldmünze gelegt wird.
Die neuen Gebäude haben deutlich stärkere Funktionen als die Standardgebäude, bringen z. B. mehr Geld und/oder Abenteurer oder haben Sonderfunktionen (z. B. erhält man einen zusätzlichen Agenten). Die Gebäude können nach dem Bau sofort von Agenten genutzt werden, von eigenen aber auch von fremden. Nutzt ein fremder Agent das Gebäude, erhält der Erbauer ebenfalls einen Ertrag. Dieses Prinzip kennt man aus Caylus.
Bei einem Besuch im „Cliffwatch Inn“ kann man z. B. eine von vier ausliegenden Quest-Karten und entweder zwei Geld oder eine sog. Intrigenkarte nehmen (dazu gleich mehr). Es gibt Quests aus verschiedenen Bereichen: Arcana (Zauberkunst), Piety (Frömmigkeit), Skullduggery (Betrügerei), Warfare (Kriegsführung) und Commerce (Handel). Nach dem Setzen eines Agenten kann ein Spieler auch noch eine Quest erfüllen, wenn er die hierfür benötigte Zahl und Art von Abenteurern (und z. T. Geld) aufbringen kann. Jede erfüllte Quest bringt unterschiedliche Belohnungen, meistens Siegpunkte und Geld. Spezielle Quests (sog. Plot-Quests) bringen eine geringere Belohnung, haben dafür aber eine dauerhafte Wirkung, die in jeder Runde zum Tragen kommt oder genutzt werden kann (z. B. am Anfang jeder Runde einen beliebigen Abenteurer nehmen).
Im „Waterdeep Harbour“ kann eine Intrigenkarte ausgespielt werden. Intrigenkarten gibt es in drei Versionen: „Attack“-Karten, die den Gegnern schaden (z. B. indem jeder einen bestimmten Abenteurer zurück in den Vorrat legen muss), „Utility“-Karten, die dem ausspielenden Spieler nützen (z. B. indem er sich Geld oder Abenteurer aus dem Vorrat nehmen darf) und sog. „Mandatory Quests“ (Pflicht-Aufgaben). Diese erhält ein Gegenspieler, der diese Quest zwingend als nächste erfüllen muss, bevor er wieder seine eigenen Questkarten erfüllen darf. Eine erfüllte „Mandatory Quest“ bringt dem Spieler zwar eine gewisse Belohnung, aber das Verhältnis von Aufwand und Ertrag ist ziemlich schlecht, so dass diese Pflicht-Aufgabe den Spielfluss des Gegners empfindlich stört. Noch eine Besonderheit: "Waterdeep Harbour" hat drei Aktionsfelder und die dort platzierten Agenten dürfen am Ende der Setzphase zusätzlich noch auf ein freies Aktionsfeld eines anderen Gebäudes gesetzt werden!
SPIELENDE
Das Spiel endet nach 8 Runden. Es gewinnt der Spieler, der die meisten Siegpunkte gesammelt hat.
BEWERTUNG
Lords of Waterdeep spielt im Dungeons & Dragons-Universum. Wer daher ein Fantasy-Rollenspiel erwartet (wozu auch das Cover verleiten könnte), wird allerdings enttäuscht. Vielmehr handelt es sich bei LoW um ein ausgezeichnetes, klassisches Strategiespiel. Das zentrale Spielelement ist ein Workerplacement-Mechanismus. LoW hat aber noch Einiges mehr zu bieten, wie ich bei der Spielbeschreibung bereits erläutert habe. Zwar macht das Spiel nichts wirklich neu, die gelungene Kombination der Spielprinzipien und das stimmige Szenario machen das Spiel aber zu einem Strategie-Highlight des Jahrgangs 2012.
Eine gute Idee sind die Gebäude, die dem Nutzer, aber auch dem Erbauer einen Ertrag bringen. Damit lohnt sich auch mal der Bau eines teuren Gebäudes, weil ich sicher sein kann, dass andere Spieler mir zu einem Ertrag verhelfen.
Die Regeln sind schnell erfasst und erklärt. Man ist sofort im Spiel drin. Der Spielablauf ist stimmig und flüssig. Das Setzen der Agenten geht schnell von der Hand, es gibt keine lange Wartezeiten zwischen den Zügen. Die Planung, welches Gebäude ich besetzen möchte, um die nötigen Abenteurer zur Erfüllung meiner nächsten Quest zu erhalten, macht Spaß. Vor allem, wenn ich es damit schaffe, eine Quest-Kette zu erfüllen: Manche Quests bringen als Belohnung neben Siegpunkten (und/oder Geld) auch neue Abenteurer, die ich im nächsten Zug wiederum zur Erfüllung der nächsten Quest benutzen kann usw... Oft lohnt es sich, aufwändige Quests zu erfüllen, die zwar eine Vielzahl von Abenteurern benötigen, aber die Belohnung ist in dem Fall auch entsprechend hoch. Genauso erfolgversprechend kann es sein, auf viele kleinere Quests zu setzen, die schneller erfüllt werden können und tunlichst von der Sorte sein sollten, die am Spielende durch die am Anfang gezogene Charakterkarte Bonuspunkte bringen.
Interaktion zwischen den Spielern ist (indirekt) gegeben, weil stets eine Konkurrenzsituation um die besten Aktionsfelder entsteht. Dabei ist es natürlich oft wichtig, wer Startspieler ist. Somit kann es sich lohnen, einen Agenten zu „opfern“, der in das „Castle Waterdeep“ gestellt wird und mir den Startspieler-Marker für die nächste Runde einbringt.
Ein Sonderlob gilt dem Material: Es ist stabil, schön gestaltet – allem voran die Karten! – und z. T. ungewöhnlich: Geld gibt es nicht wie üblich in Münzen, sondern in goldenen Quadraten und Halbmonden! Die Karten gefallen mit schönen Grafiken und gelungenen, atmosphärischen Texten, die genau in das Szenario passen. Das Highlight ist allerdings das Inlay: Wirklich alles findet seinen Platz, ist übersichtlich und stabil verstaut. Ich entferne normalerweise immer als erstes das Inlay eines Spiels, um das Material in Zip-Tüten und Kleinteil-Boxen zu verstauen. Bei LoW ist das nicht nötig und wäre wegen des gut durchdachten Inlays sogar schade.
Ein Wermutstropfen könnte für manche sein, dass das Spiel komplett in Englisch ist. Wer die Sprache aber einigermaßen beherrscht, hat kein Problem. Die Spielregel und die Kartentexte sind gut verständlich. Wer das nicht will, muss auf eine deutsche Version warten. Aber das Warten lohnt sich!
FAZIT
Lords of Waterdeep macht alles richtig. Das schöne Material, der schnelle Spielfluss, die kurze Spieldauer, das stimmige Szenario und die gut kombinierten Spielmechanismen laden immer wieder zu einer Partie ein. Ein wirklich sehr gutes Strategiespiel, das viel Spaß macht und Genrefans nicht verpassen sollten. Für mich klare 5 Punkte mit Tendenz zu 6.
Peter hat Dungeons & Dragons - Lords of Waterdeep (en) klassifiziert.
(ansehen)