Na also, es geht doch! Arkham Horror lässt sich also doch in einer annehmbaren Zeit, einigermaßen überschaubar, flüssig und ohne großem "Regelwust" und auf einem ganz normal großem Tisch spielen!
Über ein halbes Jahr hab ich nun auf die deutsche Ausgabe von "Elder Sign" warten müssen, aber es hat sich durchaus gelohnt. Fast könnte man meinen, die Autoren hätten meine Kritikpunkte am "großen Bruder" Arkham Horror gelesen und das Spiel deutlich abgespeckt. Herausgekommen ist nun ein deutlich kleineres und somit auch platzsparendes Spiel, befreit von einigem "Regelballast" und trotzdem noch mit dem Charme des "Lovecraft-Universums" ausgestattet! Und dennoch ist auch "Das ältere Zeichen" KEIN Spiel für Gelegenheitsspieler; immer noch herausfordernd, mit genügend Komplexität ausgestattet und durchaus spannend.
Am Charakter des Spiels hat sich gegenüber dem "großen Bruder" Arkham Horror eigentlich wenig verändert. Wieder gehen 1-8 Ermittler auf die Jagd nach einfachen oder besonderen Gegenständen, nach Trophäen und nicht zuletzt nach den "älteren Zeichen", denn nur mit diesen kann man die Großen Alten bannen und das Spiel gewinnen. Schauplatz ist diesmal aber nicht die Stadt Arkham, sondern "nur" die Bibliothek von Arkham. Hier müssen die Ermittler bis zu 6 Orte (offen ausliegende Abenteuerkarten) aufsuchen und die darauf gestellten "Aufgaben" erfüllen. Gelingt dies, dann warten Belohnungen in Form von einfachen oder besonderen Gegenständen, Zaubergegenständen, Trophäen oder ältere Zeichen auf die Ermittler. Verlieren die Ermittler die Aufgaben, dann verlieren sie (wie schon in "Arkham Horror") geistige Fähigkeiten oder Ausdauer und können sogar verschlungen werden. Außerdem tauchen Monster auf, die auf die Abenteuerkarten aufgelegt werden müssen und das Erfüllen der Aufgaben somit deutlich erschweren. Dafür erhöhen sich aber auch die Belohnungen beim Erfüllen der Aufgaben.
Und was fängt man nun an mit diesen erworbenen Gegenständen, Zaubersprüchen, Trophäen und vor allem den "älteren Zeichen"? Die letztgenannten sind wichtig, um den Großen Alten zu bannen. Dieser wird vor dem Spiel aus acht verschiedenen Möglichkeiten ausgesucht und offen ausgelegt. Im Laufe des Spiels erwacht der Große Alte langsam und zwar mit jedem "Verderbenmarker" der auf der Verderbenleiste des Großen Alten abgelegt werden muss. Dies geschieht meist durch die Mythoskarten, die aller zwölf Stunden (dazu später mehr) ins Spiel kommen, aber auch z.B. durch verlorene Aufgaben. Der Große Alte kann nur durch die Anzahl der auf seiner Karte aufgedrucken älteren Zeichen gebannt werden. Gelingt dies nicht rechtzeitig und wird die Verderbenleiste mit Verderbenmarker vollständig aufgefüllt, BEVOR die Ermittler die notwendige Anzahl der älteren Zeichen auslegen können, dann erwacht der Große Alte und es kommt zu einem fast aussichtslosen Endkampf. Gelingt aber das rechtzeitige Auslegen der älteren Zeichen (oder gewinnen die Ermittler den Endkampf, was sehr unwarscheinlich ist), dann endet das Spiel mit dem Sieg der Ermittler.
Wie aber löse ich denn nun die Aufgaben? Auf den Abenteuerkarten sind Aufgaben mit Würfelsymbolen abgebildet, die mit den 6 grünen Spezialwürfeln auszuwürfeln sind. Hier kommen jetzt auch die einfachen, besonderen oder die Zaubergegenstände ins Spiel. Diese erlauben meistens die Benutzung eines gelben oder gar eines roten Spezialwürfels. Die Mitbenutzung dieser besser ausgestatteten Spezialwürfel erleichtern das Erfüllen der Aufgaben manchmal enorm. Auch sogenannte Hinweismarker, die man ebenfalls als Belohnung für erfüllte Aufgaben erhält, können genutzt werden um misslungene Würfelwürfe zu wiederholen. Aber vorsicht: Manche Monster und auch manche Abenteuerkarten sperren schon mal den einen oder anderen Spezialwürfel. Dann sollte man schleunigst versuchen, diese Karten freizuspielen, um die Spezialwürfel wieder benutzen zu können.
Abenteuerkarten, dessen Aufgaben erfolgreich erfüllt wurden, werden als Trophäen entfernt und bei dem siegreichen Ermittler ausgelegt. Mit Trophäen (auch besiegte Monster gelten als Trophäen) können auch alternativ zum Bestehen von Abenteuern im Souveniershop am Eingangsportal der Bibliothek Gegenstände oder Verbündete eingetauscht werden. Hier im Eingangsportal können in der Erste-Hilfe-Station auch geistige Gesundheit und Ausdauer aufgefrischt werden oder es darf im "Fundbüro" auch gezockt werden, indem ich einen grünen Würfel werfe und entweder einen Gegenstand finde, oder aber Ausdauer verliere.
Jedes Mal, wenn ein Ermittler seinen Spielzug beendet hat (Bestehen eines Abenteuers oder Erholung im Eingangsportal) wird die Uhr um drei Stunden weitergedreht. Gelangt der Zeiger der Uhr dabei auf 12 Uhr, dann werden alle "Mitternachtseffekte" (stehen auf den offen ausliegenden Abenteuerkarten) aktiv und es wird eine neue Mythoskarte gezogen, dessen Effekt sofort wirksam wird (aber auch Mythoskarten haben Mitternachtseffekte, die dann beim NÄCHSTEN Zug auf 12 Uhr wirksam werden). Diese Effekte können neue Monster hervorrufen, oder aber ein Verderbenmarker wird auf den Großen Alten plaziert etc.etc.
Es gibt also auch in dieser abgespeckten Version wieder viele Möglichkeiten und immer noch viele Regeln. Dennoch sind die Regeln recht leicht zugänglich. Lediglich das Platzieren von neuen Monstern auf den Abenteuerkarten hätte deutlich besser erklärt werden können (und müssen). Also ich hab ne ganze Weile gebraucht, bis ich das richtig verstanden habe und bin immer noch nicht sicher, ob ich das richtig mache.
Das Spielmaterial ist von hervorragender Qualität. Die Abenteuerkarten, Charakterkarten, Große-Alte-Karten etc. sind übergroß und stabil und wie schon bei Arkham Horror sehr atmosphärisch gestaltet. Die Mythoskarten und die Gegenstandskarten sind hingegen ziemlich klein geraten, was aber nicht weiter stört. Etwas klein geraten sind auch die Verderbenmarker und die Marker für "geistige Gesundheit" und "Ausdauer". Aber auch das ist völlig in Ordnung. Alles passt in eine kleine Schachtel und kann somit sehr platzsparend aufbewahrt werden. Und dennoch ist das Spielmaterial durchaus umfangreich. Also das Preis-Leistungs-Verhältnis ist absolut in Ordnung!
Das Spiel selber spielt sich viel flüssiger als der sperrige regelwustige große Bruder "Arkham Horror". Es ist auch leichter (aber deshalb noch lange nicht leicht!), das Spiel zu gewinnen. Bei "Arkham Horror" hab ich als Solospieler noch nie gewonnen; bei diesem Spiel ist es mir schon drei Mal geglückt, bei sieben Niederlagen. Ich hab allerdings noch nicht alle Großen Alten durch, um sagen zu können, ob es da noch richtig schwer zu knackende Nüsse gibt. Das Spiel beginnt recht einfach und es gelingt recht schnell, das eine oder andere Abenteuer zu bestehen. Und Anfangs tut sich auch auf der Verderbenleiste des Großen Alten noch wenig, so dass man schnell zu dem (Trug-) Schluss kommt, dass man das Spiel problemlos gewinnen wird. Doch mit zunehmender Spieldauer kommen immer mehr Monster ins Spiel, die das Erfüllen der Aufgaben immer schwerer machen und außerdem auch die Spezialwürfel sperren und eh man sich versieht, füllt sich die Verderbenleiste des Großen Alten immer schneller und bedrohlicher auf, so dass es immer mehr auf einen (sehr spannenden) Wettlauf gegen die Zeit hinausläuft.
Manch ein Kritiker wird das Spiel möglicherweise als "wüste Würfelorgie" bezeichnen und die großen Glückskomponenten kritisieren. Ja, das Spiel ist glückslastig! Man braucht das eine oder andere Male schon Glück beim Würfeln, auch wenn man mit Gegenständen, Hinweismakern und Zaubersprüchen doch eine Menge Modifizierungsmöglichkeiten der Würfelwürfe hat. Auch das Ziehen der neu auszulegenden Abenteuerkarten und der Mythoskarten ist natürlich Glücksache. Manchmal kann es wirklich ganz dumm laufen und man verliert trotz guter Strategie das Spiel aufgrund von Pech! Das soll aber gerüchteweise auch großen Fußballmanschaften bei WM´s oder EM´s so gehen. Wie heißt es da manchmal so schön: Trotz drückender Überlegenheit mit viel Pech verloren! So ist manchmal eben das Leben. Außerdem haben wir es hier mit einem Abenteuerspiel zu tun. Da gehören Unabwägbarkeiten in Form von Zufallskomponenten einfach dazu!
Mir macht das Spiel großen Spaß; viel mehr Spaß als das durchaus gute "Arkham Horror". Manchmal ist eben tatsächlich weniger einfach mehr!
Für die volle Punktzahl reicht es dennoch (z.B. wegen des hohen Glücksanteils und der Regelunklarheiten beim Monsterauslegen) nicht ganz. Aber sehr, sehr gute 5 Punkte hat das Spiel allemal verdient!
Matthias hat Das Ältere Zeichen klassifiziert.
(ansehen)