Zivilisationen entstehen und vergehen doch einige hinterlassen größere Fußspuren in der Geschichte als andere. Einige Völker erreichen in kultureller, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher oder auch kriegerischer Hinsicht ganz Besonderes und man erinnert sich ihrer. Als Anführer einer Zivilisation versuchen zwei bis vier Mitspieler eine solche dominierende Stellung in einem der genannten Bereiche zu erlangen und führen eines von sechs Völkern von seinen Anfängen mit nur einer kleinen Stadt durch die Geschichte und lenken dessen Fortschrittsbestrebungen.
Trotz des Regelumfangs sind Spielablauf und -ziel relativ klar und einfach. In mehreren Spielrunden zu je fünf Phasen versuchen die Spieler als erster eine von vier Siegmöglichkeiten zu erreichen. Kulturelle Fortschritte einer Zivilisation werden auf einer Kulturleiste festgehalten und mit Erreichen des letzten Feldes dieser Leiste ist ein Kultursieg geschafft. Militärisch kann man durch das Erobern der Hauptstadt eines Mitspielers gewinnen, wirtschaftlich durch das Anhäufen von 15 Münzen und wissenschaftlich durch die Erforschung der Technologie Raumfahrt.
Civilization - Das Brettspiel ist eine gelungene Umsetzung Computerspiels Civilization von Sid Meiers und erobert in meinen Augen den Thron der Zivilisationsspiele. Kein anderes Zivilisationsspiel hatte bisher so viel "Civi-Feeling". Die Regeln sind aufgrund der Zivilisationsthematik umfangreich, doch nicht erdrückend. Ein solches Thema lässt sich einfach nicht in einem noch kurzen Regelwerk umsetzen ohne zu sehr und noch mehr zu abstrahieren. Auch bleiben Dank der zahlreichen und ausführlichen Beispiele in der Spielregel keine Fragen offen.
Die "nur" vier Siegmöglichkeiten Kultur, Militär, Wirtschaft und Forschung täuschen möglicherweise etwas über die strategischen und taktischen Möglichkeiten der Spieler hinweg. Was sich relativ einfach und klar anhört ist letztlich doch ziemlich komplex. Wie heißt es so schön, "Viele Wege führen nach Rom" und bei Civilization - Das Brettspiel dürfte ein Weg zum Sieg selten schnurgerade verlaufen. Es gibt viel zu tun und zu entscheiden und stets würde man gerne mehr umsetzen als man darf und sollte bei allem Entwicklungsdrang die Konkurrenz nicht aus den Augen lassen. Wer militärisch zu sehr in Rückstand gerät, der könnte sehr schnell eine Streitmacht vor den Toren seiner Hauptstadt vorfinden.
Die lange, aber bei Kenntnis der Spielregeln nicht zu lange, Spieldauer vergeht wie im Fluge während man die Entwicklung seiner Zivilisation vorantreibt. Sind in den ersten Partien noch viel Kartentexte zu lesen (Kulturkarten, Weltwunderkarten, Technologiekarten usw.) werden zumindest die Technologien und Weltwunder immer vertrauter, so dass von Partie zu Partie immer weniger gelesen und immer mehr gespielt werden kann. Die Spieldauer wird von Mal zu Mal kürzer und Civilization - Das Brettspiel läuft nicht Gefahr eines der sehr guten Brettspiele zu werden, das aufgrund einer sehr langen Spieldauer viel zu selten zum Einsatz kommt auch wenn das Spiel zumindest zu viert wohl immer abendfüllend bleiben dürfte.
Was man neben Zeit noch benötigt ist ein großer Spieltisch. Spätestens ab der Mitte des Spiels, wenn die Technologiepyramiden der Zivilisationen so langsam Formen annehmen wird der Platz am Spieletisch immer knapper. Gerade zu viert, wenn schon 4x4 Spielplanteile ihren Platz am Spieletisch fordern könnte das ein Problem werden.
Vier Spieler sind natürlich optimal wegen der Handelsphase, die in voller Besetzung einfach am meisten Spaß macht, aber abgesehen davon funktioniert Civilization - Das Brettspiel in jeder Besetzung und auch zu zweit ganz hervorragend.
Ein gewisser Glücksanteil ist vorhanden aber verglichen mit den Möglichkeiten der Spieler eher gering. Gewöhnungsbedürftig ist das Kampfsystem doch es funktioniert und berücksichtigt technologische Entwicklungen und unterschiedliche Einheiten ohne eine Schlacht zu sehr zu verkomplizieren. Geländevor- bzw. Nachteile wären natürlich optimal gewesen um Einheiten in einer Schlacht gegenüber anderen Vorteile zu verschaffen, aber der Schere-Stein-Papier-Mechanismus (Artillerie übertrumpft Infanterie übertrumpft Kavallerie übertrumpft Artillerie) bringt zumindest etwas Taktik in die Schlachten, auch wenn die eingesetzten Einheiten letztlich zufällig gezogen werden. Wichtig ist militärisch nicht den Anschluss zu verlieren (oder ein Verteidigungsbündnis einzugehen, denn schließlich ist keinem außer dem Angreifer gedient, wenn eine Hauptstadt fällt).
Wer vor einem umfangreicheren Regelwerkt nicht zurück schreckt und sich auch mal einen ganzen Abend lang mit einem Spiel beschäftigen kann, der sollte unbedingt einen Blick auf Civilization - Das Brettspiel werfen. Wer das "Computer-Civi" kennt und mag findet sich schnell zurecht und ich bin mir sicher, dass dieses Spiel einen festen Platz in zahlreichen Spielerherzen finden wird und in nicht allzu ferner Zukunft wohl auch mit einer Erweiterung gerechnet werden kann. Insbesondere die geringe Anzahl an Völker schreit geradezu nach Erweiterungen und auch die eine oder andere Technologie könnte auf diesem Wege noch das Spiel bereichern. Wir werden sehen!
Etwas ausführlicher kann man meine Einschätzungs des Spiels und den Spielablauf auf http://www.spieleteufel.de/spiel.php?id=608 nachlesen.
Holger hat Civilization - Das Brettspiel klassifiziert.
(ansehen)