Francis Drake - ein doppeltes Workerplacement-Spiel mit Freibeuterthematik.
Bei Francis Drake gibt es zwei Phasen, in denen Arbeiter eingesetzt werden.
In der ersten wird das Schiff aufgerüstet mit Kanonen, Mannschaft, Proviant, Handelswaren und Sonderfunktonen. Dabei wird eine Einbahnstraße durch den Hafen von Plymouth durchlaufen. Wer zuerst auf einem Feld landet, erhält mehr als alle anderen. Man kann Felder auch überspringen, um eher an die Objekte der Begierde zu kommen, aber Achtung! Einmal übersprungene Plättchen können nicht mehr betreten werden. Wild drauf lossammeln ist die schlechteste aller Taktiken, so muss man stets abwägen, was sinnvoll ist und was man für die grosse Kaperfahrt in Phase 2 am nötigsten braucht.
Die Segelphase besteht wieder aus dem Einsetzen von Arbeitern. Allerdings mit dem ganz besonderen Clou, dass jeder Spieler seine Scheiben von 1 bis 4 verdeckt bei den verschiedenen Zielen in der Karibik platziert. Die Scheiben werden nach dem Einsetzen umgedreht und in der Reihenfolge von 1 bis 4 ausgewertet. Der eingesammelte Proviant gibt dabei vor, welche Ziele für den Spieler maximal zu erreichen sind. Wer früh ein lohnendes Ziel erfolgreich angreift, erhält neben den regulären Siegpunkten Extrapunkte in Form von Gold, Silber und Edelsteinen. Der Zweite bekommt auch noch seinen Teil, eventuelle Nachzügler gehen nach dem zweiten erfolgreichen Angriff auf ein Ziel leer aus. Spanische Galeonen verbrauchen bei den Angriffen Kanonen, das Einnehmen von Städten kostet Crewmitglieder, ein Sturm auf ein Fort fordert beiderlei als Opfer. Verdeckt gelegte Plättchen an den spanischen Forts und Galeonen bilden für die Spieler dabei einen Unsicherheitsfaktor, lassen sich aber mit den Funktionen Admiral und Gouverneur beeinflussen - falls man sie im Hafen erworben hat. Handelswaren können gegen Kaffee, Tabak, Indigo und Zucker getauscht werden und bringen am Spielende ebenfalls Siegpunkte.
Nach drei Runden - von denen jede fast wieder bei Null beginnt, da bis auf einige Ausnahmen alle Überschüsse aus der Fahrt wieder abgegeben werden müssen - ist das Spiel zu Ende und der erfolgreichste Francis Drake gewinnt.
Die Regel lässt wenige, kaum spielrelevante Interpretationsmöglichkeiten offen, die wir in unseren Runden als erfahrene Spieler gut wegdiskutieren konnten. Ansonsten punktet Francis Drake mit opulentem Material. Das fängt bei der großen Box aus dicker Pappe an, und geht über den fantastischen Sortiereinsatz, in dem das umfangreiche Holz-, Papp- und Glasmaterial seinen Platz findet, bis hin zu modellierten Fässern und Schiffen. (Achtung! Einigen Holzscheiben erkennt man an der Maserung! Hier unbedingt Ersatz beim Verlag anfordern!) Vielleicht ist es ein wenig über das Ziel hinausgeschossen, da das Spiel selbts nicht ganz mit seinem Material mithalten kann. Die Mechaniken sind durch und durch solide, bieten aber leider nicht den WOW-Effekt des Materials. Die Hafenphase hat was von Tokaido oder Glen More, das Einsetzen der Scheiben in der Segelphase ist ein tyisches "Ich denke, dass Du denkst, dass Du das so machst und ich das so mache" mit einem gesunden Schuss an Bluff.
In Vollbesetzung mit 5 Spielern macht Francis Drake wirklich Spaß, aber schon mit vier Spielern ist etwas zu wenig Konkurrenz auf dem Plan, zu dritt wird der Freibeuterkönig zu einem zahnlosen Leichtmatrosen. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass zwar im Hafen von Plymouth die Zahl der betretbaren Felder der Spielerzahl angepasst wird, nicht aber die Anzahl der Ziele in der Karibik. Es ist einfach zu viel Platz auf dem Plan.
Thematisch kommt das Spiel eher dünn daher. Es ist ohne Frage spannend und und taktisch, allerdings ist das Freibeuterfeeling eher gering. Die Kämpfe sind pures Eintauschen von Klötzchen gegen Siegpunkte, was den Kampf im feuchten Ozean eher trocken erscheinen lässt. Wieso dürfen ein englischer Gouvernour und Admiral die Stärken der spanischen Feinde festlegen? Und warum der Hafen als Einbahnstrasse gebaut wurde, vertseht nur die Unterer Verkehsbehörde Plymouth Süd. Aber das sind eher Begleiterscheinungen, die wenig stören.
Fazit:
Schnell kann man Francis Drake als Materialblendwerk abtun. Damit tut man dem aber Spiel unrecht, denn ab vier Spielern, besser fünf, macht es wirklich Freude. Die Mechaniken sind solide, das Material fantastisch und die zwei Stunden Spielzeit gut investiert. Als besonders gelungen empfinde ich das doppelte Worker-Placement. In der ersten Phase sammle ich, in der zweiten lege ich die Reihenfolge fest, in der ich die gesammelten Güter verbrauchen möchte. Das ist tricky und selten ohne Reibungsverluste, strengt die Hirnrinde aber auf angenehme Art und Weise an. So gibt es von mir pro Mitspieler einen Punkt für den Spielspass. 3 Spieler = 3 Punkte, 4 Spieler = 4 Punkte, 5 Spieler = 5 Punkte. Das macht im Mittel 4 gute Punkte mit Sternchen fürs Material :-)
Timo hat Francis Drake klassifiziert.
(ansehen)