Dem Begriff Mystik begegnete man bereits im Mittelalter und zwar in Form des lateinischen Wortes mysticus, was so viel wie geheimnisvoll, rätselhaft oder unergründlich bedeutet. Doch was kann an Mäusen schon groß geheimnisvoll sein? Nun im vorliegenden Spiel sorgt eine böse Zauberin Namens Vanestra dafür, dass Maus und Mystik zusammentreffen. Diese reißt nämlich die Macht eines Königreichs an sich, wirft den Sohn des Königs und dessen Gefährten ins Gefängnis und während eines Fluchtversuches werden diese in Mäuse verwandelt. Wenn das nicht äußerst geheimnisvoll, rätselhaft und auf den ersten Blick auch unergründlich wirkt?! Das Spiel Maus und Mystik, in dem es um diese Ereignisse geht, trägt seinen Namen also vollkommen zu Recht.
Maus und Mystik ist ein kooperatives Spiel für bis zu vier Spieler, die jeweils in der Rolle einer, ggf. auch mehrerer Mäuse, versuchen das Königreich zu retten. Dabei sind insgesamt 11 Abenteuer mit Tapferkeit, Geschick aber auch Glück zu bestehen um die Geschichte rund um den in eine Maus verwandelten Königssohn Collin und seinen getreuen Anhängern zu einem hoffentlich guten Ende zu bringen. Die Zauberin Vanestra ist trotz Flucht des Königssohns und seiner kleinen Schar nicht bereit kampflos aufzugeben und schickt ihre in Ratten, Kakerlaken, Spinnen und Hundertfüßer verwandelten Schergen aus, um die Mäuse wieder gefangen zu nehmen. Und dann lauert da auch noch eine weit größere Gefahr auf die kleinen Helden, nämlich die Katze Brodie.
Jede Maus verfügt über bestimmte Fähigkeiten, die alle ihre Daseinsberechtigungen haben und gleichermaßen wichtig sind. Sie haben auf ihren "Maus(charakter)bögen" Werte für Kampf, Verteidigung, Gelehrsamkeit und Beweglichkeit, zusätzlich aber auch eine auf den Charaktertyp abgestimmte spezielle Fähigkeit in Form einer Karte, die anfangs ausgewählt werden darf. Collin, der Sohn des Königs, ist der geborene Anführer. Im Kampf gut ausgebildet ist er auch gewohnt die richtigen Befehle zur richtigen Zeit zu geben und kann entsprechende Fähigkeiten erlernen. Der eigentliche "Kopf" der Gruppe ist jedoch Maginos. Er ist alt und Weise, kennt sich mit Magie aus und kann seinen Stab sowohl zum Fern- als auch zum Nahkampf einsetzen. Tilda ist die Heilerin der Truppe und vermag so manches Abenteuer, bei dem es hart auf hart geht, zum Guten zu wenden. Der Schmid des Königs, Rex, ist mit seiner Körperkraft der geborene (Nah-)Kämpfer und hat schon so manchem Feind das Fürchten gelehrt. Lily kann hervorragend mit dem Bogen umgehen und mit diesem schaltet sie einen Gegner oftmals schon aus, bevor dieser überhaupt an einen Angriff denken kann. Finger ist der letzte in der Truppe der kleinen Helden und mehr oder weniger zufällig in dieses Abenteuer geraten. Als Dieb landete er zufälligerweise mit den anderen in derselben Zelle und da er nichts zu verlieren hat, schließt er sich seinen Mitgefangen an und unterstützt diese nach Kräften. Seine Schnelligkeit und die Fähigkeit seinen Schwanz so geschickt einzusetzen, dass er mit ihm sogar eine Waffe führen kann, macht ihn zu einem wertvollen Verbündeten.
Während die unterschiedlichen Fähigkeiten im Kampf die Mäuse bereits sehr unterschiedlich erscheinen lassen, trägt die anfangs gewählte spezielle Fähigkeit noch mehr zur Individualität der Mäusehelden bei. Diese zusätzlichen Fähigkeiten können die Mäuse neben den "normalen" Möglichkeiten sich während eines Spielzuges in den Räumen zu bewegen und eine Aktion, z.B. einen Angriff auf einen Feind, auszuführen durch den Einsatz von Käse einmal pro Spielzug nutzen. Je nach Fähigkeit müssen 1 bis 3 Käsestücke abgegeben werden, jedoch ist Käse gar nicht so leicht zu bekommen und kann vor allem im Kampf gesammelt werden.
Ein Kampf, der Angriff und die Verteidigung, werden mit Würfeln ausgetragen, wobei die Anzahl der jeweils eingesetzten Würfel dem Angriffs- bzw. dem Verteidigungswert der am Kampf Beteiligten entspricht. Diese Werte können durch Waffen oder Rüstungen noch verändert werden und während Schwertsymbole Treffer bedeuten, verhindern Schildsymbole diese.
Die Würfel werden aber nicht nur für den Kampf sondern auch für die Suche nach weiterer Ausrüstung und anderem Hilfreichem, dem Erkunden von Räumen sowie für die Bewegung eingesetzt und auf ihnen ist auch ein Käsesymbol zu finden. Wird dieses Käsesymbol beim Kampf gewürfelt bringt das ein Käsestück. Mäuse legen den so gewonnen Käse in ihren Vorrat, ihre Gegner auf ein Käserad. Ist das Käserad voll, erhalten die Feinde Verstärkung und der Zeitdruck auf die Mäuse erhöht sich, denn nach jeder Verstärkung - und außerdem auch immer wenn eine Maus im Kampf den letzten Lebenspunkt abgeben muss und damit gefangengenommen wird - bewegt sich ein Sanduhrmarker um ein Feld auf den Kapitelendemarker zu. Je weiter der Sanduhrmarker vorangekommen ist, umso heftiger ist die Anzahl an Gegner bzw. deren Stärke, auf die man in den weiteren Räumen trifft und wird der Kapitelendmarker erreicht, ist das Abenteuer verloren. Verloren ist ein Abenteuer auch dann, wenn alle Mäuse gefangen wurden, doch daran wollen wir gar nicht erst denken.
Käse kann nicht nur für Spezialaktionen eingesetzt werden sondern auch um die Fähigkeiten einer Maus zu verbessern. Wer sechs Käsestücke abgibt, der darf sich eine weitere zu seiner Maus passende Spezialfähigkeit aussuchen und damit sich und seinen Mitstreitern das Leben etwas leichter machen.
Der Spielplan besteht aus mehreren Spielplanteilen, welche die Räume und Gebiete in und um die Burg des Königs zeigen, aus denen die jeweils für ein Szenario benötigten herausgesucht und ausgelegt werden. Die Spielplanteile sind beidseitig bedruckt und diese gegenüberliegenden Räume sind durch je ein Feld, die sog. Drehfelder, miteinander verbunden, so dass die Mäuse von einem Raum in den darunterliegenden gelangen können und der Spielplanteil dann einfach umgedreht wird. Liegen zwei benachbarte Räume in derselben Ebene, was an den gleichfarbigen Übergangsfeldern zu sehen ist, können die Mäuse auch in benachbarte Räume wechseln.
Auf diese Weise bewegen sich die Mäuse in oder außerhalb der Burg um das jeweilige Szenarioziel zu erreichen. Mal muss die Flucht aus dem Kerker glücken, ein anderes Mal ist man auf der Suche nach dem König und Schritt für Schritt, Szenario für Szenario entfaltet sich die Geschichte weiter, bis zum Ende, das ich hier natürlich nicht vorwegnehmen will.
Maus und Mystik ist ein sehr liebevoll gestaltetes kooperatives Spiel, das die ganze Familie für Stunden am Spieletisch fesseln kann. Eine äußerst ansprechende Rahmenstory, welche die einzelnen Kapitel gelungen in eine Gute-Nacht-Geschichte einbettet, die ein Mäusevater seinem Sohn vorliest, motiviert nach jedem Szenario zum sofortigen Weiterspielen und das gilt für jung und alt. Trotz eines gewissen Regelumfangs ist Maus und Mystik ein ideales Familienspiel. Die Altersangabe von sieben Jahren ist zwar nur bedingt zutreffend, denn Siebenjährige kann man sicherlich nicht alleine an dieses Spiel setzen, zusammen mit einem halbwegs spielerfahrenen Erwachsenen der die Regeln im Griff hat kann jedoch die ganze Familie, vom Kind bis zum Erwachsenen viele Abende in eine immer wieder spannende Welt eintauchen, die einen regelrecht die Zeit vergessen lässt.
Besonders zu bemerken für diese Art Spiel ist die Tatsache, dass kein Meister, Overlord oder wie auch immer benötigt wird. Alle Mitspieler streiten auf der Seite des Guten und das hat mir, als einen der sich bei ähnlichen Spielen sehr oft in der einsamen Rolle des "Bösewichts" wiedergefunden hat, besonders gut gefallen. Die Rolle des Erzählers, der die zu den Abenteuern gehörende Geschichte usw. vorliest, ist überschaubar und sollte meiner Meinung nach immer, am besten an einen guten Vorleser mit angenehmer und passender Stimme, vergeben werden denn das trägt ungemein zum Spielerlebnis bei. Sollte der seltene Fall eintreten, dass sich einmal keine Mitspieler finden, ist Maus und Mystik theoretisch auch solo spielbar, wobei die "Verwaltung" von vier, manchmal sechs Mäusen schon recht anstrengend werden kann und das Spielerlebnis zu mehreren einfach deutlich besser ist.
Der Glücksfaktor im Spiel ist nicht zu unterschätzen und erfordert in ungünstigen Fällen eine sehr gute Zusammenarbeit um die Aufgaben zu meistern, die von Szenario zu Szenario schwieriger werden. Optionale Nebenhandlungen in einigen Szenarien gestalten das laufende Abenteuer unter Umständen zwar deutlich schwieriger, stellen aber immer interessante Belohnungen in Aussicht, die sehr weiterhelfen können, in einige Fällen auch erst in späteren Szenarien, dann aber umso erheblicher.
Das gesamte Spielmaterial trägt zu einem fantastischen Spielerlebnis bei, wobei hier der einzige kleine Wermutstropfen darin besteht, dass die Miniaturen unbemalt sind. Das erschwert die Unterscheidung der Miniaturen zumindest anfangs ein wenig und will nicht so recht zur ansonsten liebevollen und stimmigen Ausstattung passen. Alles in allem haben meine Erfahrungen mit Maus und Mystik gezeigt, dass dieses Spiel nahezu altersunabhängig sehr gut angekommen ist. Meine beiden Töchter mit 7 und 9 Jahren sind mit unglaublicher Begeisterung bei der Sache aber auch spielerfahrene Erwachsene verlangt es nach mehr Maus und Mystik, so dass man sich schon jetzt auf Erweiterungen freut.
Holger hat Maus & Mystik klassifiziert.
(ansehen)